Ernst Haeckel an Georg II., Herzog von Sachsen-Meiningen, Jena, 30. Mai 1904
Zoologisches Institut
der Universität Jena.
Jena
30. Mai 1904.
Durchlauchtigster Herr Herzog!
Beifolgend beehre ich mich Ew. Hoheit die beiden letzten Hefte (10. und 11.) meiner „Kunstformen der Natur“, und damit den Abschluß des ganzen Werkes ergebenst zu überreichen. Das beigelegte Photogramm ist eine verkleinerte Copie einer großen Votiv-Tafel, die mein hiesiger (seit 33 Jahren für mich arbeitender) Künstler, der treffliche Zeichner und Lithograph Adolf Giltsch zur Feier meines Siebzigsten Geburtstages (– in sinniger Verwendung von Figuren der „Kunstformen“ –) angefertigt hat. ||
Eingedenk des freundlichen Interesses, das Sie und Ihre hochverehrte Frau Gemahlin an jener Feier am 16. Februar d. J. genommen haben, erlaube ich mir zugleich die beiden Reden beizulegen, die zwei meiner besten Schüler, die Professoren Conrad Keller und Arnold Lang, in Zürich an jenem Tage gehalten haben.
Hoffentlich ist Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin der Aufenthalt an der herrlichen Riviera in diesem schönen Frühjahr recht gut bekommen. Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß ich Sie in Cap Martin besuchen durfte. ||
Als Durchlauchtigster Erhalter unserer lieben Alma mater Jenensis werden Sie sich gefreut haben, daß die Zahl der immatriculirten Studenten in diesem Semester zum ersten Male die Zahl Tausend überschritten hat. Auch in meiner Vorlesung über Allgemeine Zoologie habe ich in diesem Semester (– meinem 87.sten in Jena –) ausnahmsweise die Hörer-Zahl Hundert überschritten.
Die beigelegten anderen Exemplare der „Kunstformen“ darf ich wohl freundlichst bitten an Herrn Staatsminister Dr. Heim und Herrn Schulrath Dr. Schmidt abgeben zu lassen. ||
Mit den besten Wünschen für einen angenehmen Sommer und mit hochachtungsvollen Grüßen für Sie und Ihre Frau Gemahlin bleibe ich in aufrichtiger Verehrung
Ihr dankbar ergebener
Ernst Haeckel.