Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Agnes Haeckel und Familie; Weligamma, 12. Januar 1882

Weligamma 12/ Jan 82

Ihr theuren Lieben!

Meine zoologische Arbeit in Ceylon ist nun im Wesentlichen beendet und ich bin seit 3a Tagen mit Einpacken beschäftigt. Nicht weniger als 10 Kisten mit Sammlungen schicke ich von hier nach Jena; hauptsächlich schöne Korallen und Seeigel, viele Muscheln und Schnecken, und sehr sonderbare Krebse und Fische. Auch 25 Glasbüchsen mit mikroskop. Sachen, mehr, als ich in meinem ganzen Leben verarbeiten kann. Das Sammeln und Packen war hier eine saure Arbeit, und es ist sicher das letzte Mal, daß ich dieselbe im größeren Maaßstabe unternommen habe. Die Insecten-Sammlung ist leider größtentheils von den unvermeidlichen Termiten zerstört worden. Auch einige hübsche und merkwürdige Säugethiere hoffe ich lebend nach Jena zu bringen, außer den Halbaffen (Mutter und Kind) einen reizenden kleinen Zwerghirsch (so wie ein Kaninchen), den ich heute erhalten habe. ||

Von dem reizenden Belligemma wo ich nun volle 5 Wochen ganz allein unter den „Wilden“ gelebt habe, scheide ich mit wahrem Bedauern. Die Umgebung ist ganz reizend das Resthaus liegt unmittelbar am Meere dessen gewaltiges Rauschen ich Tag und Nacht durch das Fenster höre. Das Fenster ist zugleich Thüre, nur mit Jalousien zu schließen; Glasscheiben sind hier, wie in den meisten Orten Ceylons unbekannt. Mir gegenüber habe ich die herrliche Küste von Mirissa, wo ich neulich mehrere Affen geschossen habe. Das Djungle (Urwald mit Schlingpflanzen etc) ist hier höchst malerisch, noch mehr in meinem Lieblingswalde, an dem See von Borall, wo ich vorgestern den Geburtstag meiner lieben Lisbeth verbracht habe; dabei 4 Affen geschossen 2 schwarze und 2 gelbe, ferner einen großen Uhu, 3 Reiher und 8 kleine Vögel. ||

[Eingef.: eigh. Skizze der Bucht von Weligamma]

Höchst malerisch ist das rothe felsige Westcap, ¼ Stunde vom Resthaus, wo ich oft Abends bin. Die Schrauben Palme (Pandanus) wächst hier dicht und großartig in den wunderbarsten Formen. Dabei ist der ganze Strand mit großen weißen Lilien (Crinum) geschmückt. ||

Wahrscheinlich nächsten Montag (16/ Jan) (falls ich mit Packen fertig werde), fahre ich nach Matura, wo ich einige Tage Gast des engl. Praefecten Mr. Pennycuick bin. Am 20 fahre ich zurück nach Galle, wo ich 4-5 Tage bei Mr. Scott bleibe, dann zurück nach Colombo in das liebe reizende Whist-Bungalow. Februar denke ich der Gebirgsreise zu widmen.

‒ In den letzten Tagen habe ich viel photographirt, namentlich Vegetations-Skizzen. Die Flora ist über alle Beschreibung herrlich und großartig. Alle meine botanische Jugend-Schwärmerei ist wieder neuerwacht. Die Thiere von Ceylon interessiren mich nicht halb so viel als die Pflanzen. Wenn ich Euch nur die herrlichen Früchte senden könnte, die ich täglich genieße, Annanas für 1 Pfennig das Stück, ebenso Mango etc.

[Briefschluss fehlt]

a korr. aus: 2

 

Letter metadata

Recipient
Dating
12.01.1882
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 39118
ID
39118