Ernst Haeckel an Agnes Haeckel, Konstanz, 6. September 1873
Constanz Samstag 6/9 73
Liebste Agnes!
So bin ich denn gestern Abend glücklich wieder nach 14 tägiger Schweizer Wanderung im Deutschen Vaterlande angelangt. (Constanz liegt nämlich in Baden)! Die schneebedeckten Berge, Eisspitzen und Gletscher liegen hinter mir, und ich erfreue mich des gesegneten Anblicks der schwäbischen Ebene und des freundlichen Bodensees. Im Ganzen war die Wanderung nicht sehr anstrengend und hat mich körperlich recht erfrischt. In den ersten Tagen wurde mir das Marschiren sehr schwer. Später ging es besser, als ich in Übung kam. ||
Mein erster Gang hier in Konstanz war auf die Post, wo ich aber leider den sehnlich erwarteten Brief von Dir nicht vorfand. Ich will nun heute noch hier am Bodensee bleiben und mich von der Unruhe der letzten Woche etwas erholen. Morgen werde ich dann nach Stuttgart reisen, Montag dort bleiben, Dienstag nach Frankfurt, Mittwoch dort, und denke Donnerstag Nachmittag oder Abend wieder bei Dir einzutreffen.
– Hoffentlich treffe ich Euch Lieben alle recht munter und frisch an. Ich freue mich sehr auf mein stilles kleines Nest!
Grüße Gegenbauers, die Mamma und Clärchen bestens! Dir und den Kindern herzlichste Grüße und Küsse
von Deinem treuen Ernst.