Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Karl Haeckel, Jena, 14. Januar 1889

Jena 14. Jan 89.

Lieber Bruder!

Es war mir sehr lieb, heute etwas Ausführliches über den Zustand unseres armen lieben Mütterchens zu hören. So traurig die allmähliche Abnahme der Seelenthätigkeit, und namentlich des klaren Bewußtseins, an sich ist, so so erscheint sie doch hier als Erleichterung, um der armen Kranken über ihre Schmerzen und das Gefühl ihres elenden Zustandes hinwegzuhelfen. ||

Wenn Morphium ihr nicht mehr Schlaf bringt, kann man es wohl mit Chloral oder einem anderen Schlafmittel versuchen. –

Ich denke Ende d. M. (in 14 Tagen) auf einige Tage zu Euch zu kommen. Dann bin ich mit der mühsamen Schwamm-Arbeit, mit der ich mich seit 2 Monaten abquäle, fertig. Gewünschten Falls kann ich aber jeden Augenblick kommen. Bei Mütterchens jetzigem Zustand scheint es mir kaum zweckentsprechend. ||

Ich bin Dir und Marie sehr dankbar, daß Ihr Alles zur Erleichterung der armen Kranken passend erscheinende thut. Auch mit event. Annahme einer Nacht-Wärterin bin ich ganz einverstanden. –

Daß Fr. R. sich als Pflegerin so gut macht, beruhigt mich sehr.

– Mit herzlichem Gruß und Händedruck

Dein tr. Bruder

Ernst

Hier Alles wohl. Scharfe Kälte, (5-8°) ohne allen Schnee

 

Letter metadata

Recipient
Dating
14.01.1889
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 38024
ID
38024