Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, [Berlin, 12. Juni 1855]
Mein lieber Ernst! Da ich den ganzen Morgen umher gewandert bin, um Besorgungen für Ziegenrück zu machen, und nun packen muß, werde ich Dir heute nur wenig schreiben können; nur muß ich Dir sagen, wie ich glaube, daß Dir die beim neuen Quartier für Dich bestimmten Zimmer Dir sehr zusagen werden, wahrscheinlich werden sie zum 2ten October frei, sollte das aber nicht der Fall sein, so kannst Du doch bei uns ganz || bequem wohnen, Du brauchst also deshalb nicht den Winter in Würzburg zu bleiben, im Gegentheil mir wird es viel lieber sein, wenn Du hier bei uns bist; ich denke wenn der Herbst kommt, so faßt Du Deinen Entschluß ob Würzburg oder Berlin? Ganz wie es für Dein Studium am beßten paßt; auf jeden Fall bist Du ganz ungenirt; Deine Stuben liegen ganz gesondert, und Du wirst nicht gestört. || In der Wohnung, die für Bertha gemiethet ist, wohnt jetzt eine Schwester von Neuhaus, deren Mann bei der Hamburger Eisenbahn angestellt ist, und sie dort freie Wohnung bekommen. Sie sagte mir, ihr Bruder sei jetzt sehr beschäftigt mit seinen Examen, oder Promotion, ich weiß nicht wie es war. – –
Morgen denken wir nach Ziegenrück || zu gehn, Deinen nächsten Brief schicke also dorthin. Gott gebe, daß alles dort gut geht; sobald es vorüber ist, gebe ich Dir Nachricht. –
Anna Sethe ist bei Tante Bertha, daß [!] ist mir sehr lieb. – –
Ich freue mich sehr auf die Kinder in Ziegenrück. –
Das Tuch habe ich Dir gekauft, die Bücher hat Dietrich Reimer nicht und auch nicht bekommen können, er meint, wir sollten || sie doch in Jena bei Frommann nehmen, wo sie herausgekommen, und will H. sehen ob er es übermorgen selbst in Jena besorgen kann, sonst wollen wir sie verschreiben. –
Nun, mein lieber Herzenssohn, lebe recht wohl, halte Dich gesund und munter, grüße auch Hein von uns, sein Bruder war die Tage einen Augenblick hier. Behalte lieb Deine
alte Mutter.