Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 1. Juni 1885
Potsdam
den 1 Juni 1885.
Lieber Bruder!
Sonnabend war ich in Berlin und suchte Herrn Günther auf. Derselbe ist leider seit bald nach Ostern ernstlich krank. Die Ärzte wissen nicht, ob es Rheumatismus oder Nervenschmerzen sind. Er hat es in der rechten Schulter und im Rücken. Er ist darnach ungewiß, ob er mit mir ins Ampezzothal (auf welches ich mich durch Lektüre bereits vorbereite) gehen wird.
Sein Unwohlsein ist die Ursache, daß er Dir bisher noch keine Bilder geschickt hat. Er gab mir beifolgende 3 große und 2 kleinere (Cabinet) mit, mit der Weisung, eines für Dich auszuwählen und Dir zu senden.
Ich halte es aber für besser, da die Geschmäcker in solchen Sachen gar zu verschieden sind, Dir alle 5 zu senden, a Dich um Rückgabe der nicht gewählten an mich bittend.
Mir sagt (in Übereinstimmung mit Günther selbst) das große, dunkler ge-||haltene sitzende Bild am meisten zu.
Nun noch ein Vorschlag von mir, resp. eine Anfrage, von der Günther nochb nichts weiß. Zu welchem Preise werden die Kabinetsbilder von Dirc, wie die beifolgenden, in Jena verkauft?
und
wem könnte er solche dort zum Verkauf übertragen (vielleicht Deinem Famulus, der es anschlägt, oder paßt sich das nicht??) Ich möchte gern, daß Günther die Photographien auch verwerthen könnte.
Dein resp. Agnes Urtheil über die Bilder hätte ich für alle Fälle gern; denn Günther hat noch keines ausgestellt oder fortgegeben, wollte erst die Ansicht der Familie darüber haben. –
Bitte um Rücksendung mit freyhältiger Verpackung. –
Was ich von Mutter beigepackt habe, schreibt diese. –
Von Heinz erhielt ich [einen] Brief, wonach er glücklich u. befriedigt aus dem Unstrutthale zurück ist. Anna und Mieze denken Donnerstag dieser Woche nach Heringsdorf abzureisen.
Mit Gruß
Dein
Karl
a gestr.: und; b eingef.: noch; c eingef.: von Dir