Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Arnold Lang; Jena, 9. Januar 1894

Jena 9. Jan 1894.

Lieber Freund und Unvergeßlicher Ritter Professor No I.

Ihnen und Ihrer lieben Frau Glückwünsche für das begonnene Jahr erwidern wir von Herzen. Vor Allem hoffen wir, daß Sie Alle recht munter und gesund bleiben, und frohesten Muthes in die „Villa Gunda“ oder den „Palazzo Polyclado“ einziehen, den Sie sich jetzt am Ufer Ihres herrlichen Zürich Sees bauen. Ich freue mich schon jetzt auf die schönen Stunden, wenn es mir hoffentlich vergönnt sein wird, mit Ihnen in „Palast und Park Lang“ zu wandeln. Zum glücklichen Abschlusse Ihres vortrefflichen Lehrbuchs (– über dessen Gelingen nächst Ihnen wohl Niemand sich so freut, wie ich! –) gratuliere ich von Herzen; ebenso zu dem glänzenden Erfolge Ihrer akademischen Lehrthätigkeit! – Wir haben hier das böse Jahr 1893 – anno maledetto di Hamann, Influenza etc etc – recht traurig beschlossen. Meine Frau und ich waren viel krank. Kurz vor Weihnachten starb meine Schwägerin, Fräulein Clara Huschke, nach 3 wöchentl. Krankheit (Pneumonie). Besonders meine Frau hat an ihrer Schwester, die sie treu gepflegt hat, Viel verloren. – Ich selbst, lieber Freund, werde alt und stumpf, und bin weder mit mir, noch mit den Meinigen, was ich noch leisten kann, zufrieden; Gedächtniß, Augen, Muskeln etc. Alles wird senil! Es ist Zeit, daß die jüngere Generation uns Alte ersetzt! Im Referir-Abend, in dem wir Ihre rege Theilnahme recht vermißen, wird Ihrer auch oft gedacht; nicht wieder im Institut, wo auch Geh. Rath Pohle oft Ihr Lob ertönen läßt! Auf der Schweizer-Höhe fehlen Sie Beide uns auch sehr! – Kükenthal hat von Batavia sehr befriedigt geschrieben. Er hatte das Glück, die Reise nach Ceylon auf dem selben Schiffe mit den beiden größten Geistern des Jahrhunderts, mit Geh. Rath Driesch u. Geh. Rath Herbst zu machen! Nur Geh. Rath Dreyer fehlt am Kleeblatt! – Die beiden Fräulein Abbe haben sich rasch verlobt (M. mit Unrein, P. mit Wedde). – – Die beiden || Gebrüder Dalmer sind beide in elendem Zustande (Neurasthenia completa) hier bei ihren Schwestern. –

Daß Sie Ihre Instit. Arbeiten in unsre Jen. Zeitschr. publiciren, freut uns sehr.

Mit besten Grüßen von Haus zu Haus

Ihr treuer alter

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Recipient
Dating
09.01.1894
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
Unbekannt
ID
33079