Arnold Dodel-Port an Ernst Haeckel, Zürich, 25. Dezember 1874
Zürich, 25. Decbr. 1874
Herrn Professor Dr. Ernst Häckel in Jena.
Hochgeehrtester Herr!
Ich habe das Vergnügen, Ihnen anbei meine „Neuere Schöpfungs-Geschichte“ zuzusenden, hoffend, es werde Sie interessiren, wie ein Botaniker die Sache der Darwin’schen Theorie an der Universität Zürich versieht. Das Buch, welches Ihnen hier vorliegt, enthält die erweiterten Vorlesungen, die ich seit 4 Jahren an unsern Hochschulen halte. Ich beschränkte mich nicht bloß auf die botanischen Areale, sondern habe, um allen Hörern gerecht zu werden, auch die andern Disciplinen mehr oder weniger berücksichtigt. Dabei haben mir Ihre Forschungen & Philosopheme großen Dienst geleistet. Ihre Anthropogenie habe ich leider nicht mehr berücksichtigen können, ausgenommen im Anhang. Ich hoffe, es wird seinerzeit eine II. Aufl. meiner Arbeit nöthig werden u. dann Gelegenheit kommen, Ihre ausgezeichnete geniale Arbeit in reichlichem Maße zu berücksichtigen.
Dr. Keller ist also glücklich habilitirt. Alle hiesigen Gelehrten & Docenten, die seine Habilitationspauke gehört haben, lachen über diese aufgeblasene Kreatur. Keller hat Sie, resp. Ihre Anthropogenie excerpirt & in schlechtverhülltem Umriß aufgetischt, freilich ohne Sie zu nennen bis an den Schluß, woselbst ihm einfiel, es könnte imponiren, wenn er sich selbst als Ihr Schüler vorstelle, was auch richtig mit gewohnter Arroganz geschah. Der wird kaum große Sprünge machen. –
Mit Hochachtung zeichnet Ihr ergebenster
Dr. ADodel.