Keferstein, Wilhelm

Wilhelm Keferstein an Ernst Haeckel, Göttingen, 10. Juni 1862

Göttingen 1862 Juni 10.

Liebster Häckel!

Endlich giebt mir die Übersendung eines kleinen Buches, für das ich um gütige Aufnahme bitte, Gelegenheit mich Ihnen einmal wieder ins Gedächtnis zurückzurufen.

Dass es Ihnen gut geht erfuhr ich von Ehlers, der auch von dem Fortgang und der Großartigkeit Ihres Werkes berichtete. Wie neugierig und wißbegierig ich darauf bin, das können Sie glauben: Diesen Sommer wird es aber doch kommen! Dann denke ich mir daß Jena Sie endlich befördert und || dann kommt die Hochzeit – – – – – Ich habe es mir schon ganz ausgedacht, denn in der Hochzeit haben Sie mich zuvorkommen lassen. Seit 22 April bin ich verheirathet und sehr glücklich – brauche das ich Ihnen zu sagen! Nun höre ich in meinem Hause Io ti vidi und Santa Lucia singen und denke der Zeit wo wir in Italien „lebten“ und ob die Zeit vielleicht kommt, wo wir auch unsere Frauen hinführen.

Lassen Sie doch bald einmal von sich hören und schreiben von Ihrem Leben! Mir geht es gut, und wenn ich auch Vieles mir hier anders wünschen müsste, so wäre es doch Unrecht jetzt schon zu klagen. ||

Die Collegien nehmen allerdings viele Zeit, aber etwas kann man doch noch stets dabei thun – mich zieht die vergleichende Osteologie aufs Äußerste an, doch zur Zeit muss erst der Jahresbericht gemacht werden.

Anfang April war Dr Hensen aus Kiel auf einige Zeit hier: er muss sich in Kiel sehr durchschlagen, sonst arbeitet er aber rüstig und genau, wie stets, fort.

Ehlers ist seit 14 Tagen in Fiume, a fischt mit dem Schleppnetz und ist sehr zufrieden, besonders mit der Ausbeute an Anneliden.

b Aus Messina hören wir hier Mannches: neulich war Prof. Curtius noch dort und bei Jägers ist c ein || Hauslehrer Dr Schubring von hier – im Ganzen ist es noch so wie zu d unserer Zeit, aber Peters und Bartels Unglück haben für uns doch traurige Lücken gemacht.

Nun leben Sie recht wohl und vergessen Sie liebster Häckel nicht ganz Ihren Freund in Göttingen.

An Ihren trefflichen Gegenbaur bitte ich um die schönsten e Empfehlungen und um die besten Grüße an Hrn Engelmann, von dem ich durch seinen Vater und Hassens so viel gehört habe.

In steter Freundschaft

Ihr

W. Keferstein

a gestr.: hisst; b gestr.: Nu; c gestr.: h; d gestr.: ich; e gestr.: G

 

Letter metadata

Recipient
Dating
10.06.1862
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 29790
ID
29790