Ehlers, Ernst

Ernst Ehlers an Ernst Haeckel, München, 21. Juli 1861

Bester Häckel!

Docente private in Jena gloriosa

Nella bella vallata della Sale formosa

Senza molti danari ed altra buona cosa

Con poca speranza ma con una sposa!

Solches meldet mir Keferstein von Ihnen, und nun bin ich im Unklaren über die letzten Worte, heisst es sposa promessa oder maritata; ich bin durch Conjecturalkritik dahin gekommen, das Erstere anzunehmen, da im anderen Falle die vorhergehenden Worte wohl anders zu lauten hätten; oder sollte etwa poca nur eine schlechte Lesart sein, und dafür buona zu setzen sein? Dann würde aber das Wort ma nicht passen. Ich || ergänze also promessa, und nehme an, wir ständen noch al pari. – Dass ich in diesem Sommer hier in München vegetire, werden Sie wohl bereits von Keferstein erfahren haben; ich habe im Anschluss an eine Arbeit über Priapulus caudatus, die nächstens in der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie erscheint den Halycriptus spinulosus untersucht, und werde darüber einen kleinen Artikel loslaßen. Sonst bin ich hier völlig auf höhere Thiere gekommen, und arbeite systematisch in Vögeln, etwas anatomisch in Fischen. – Fischefangen und Vogelstellen verderben manchen Jungesellen – brauchen Sie aber deshalb nicht zu denken.

Der Zweck meines heutigen Schreibens geht dahin hinaus, Sie zu veranlassen, doch jedenfalls im September in Speyer zu erscheinen; ich glaube || die Versammlung wird sehr besucht, hier von München zieht Alles hin. Es wäre ein so netter Punkt, uns ein Rendezvous zu geben, Keferstein wird leider nicht dabei sein, da er schon Anfang August nach Paris und dann an die französische Küste geht. Aber noch von Göttingen ab, habe ich an Allmers geschrieben, und auch dem proponirt, als Freund der Natur und deren Forscher sich in Speyer mit zu versammeln. Seine Absicht kenne ich darüber nicht – vielleicht können Sie ihn veranlaßen, Rechtenfleth zu verlaßen, und in Speyer mit zu tagen. Es wäre gar zu schön! ich möchte gern mit einem solchen Knalleffect dies Somersemester schliessen.

Noch eines – was sind die Dr Dr Asverus und Möller in Jena für Leute, die jetzt Froriep’s Notizen || übernehmen? Siebold bekam von Ihnen eine wunderliche Zuschrift unter der Adresse; An die Redaktion der Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie in Göttingen.

So eben erhalte ich einen Brief von Keferstein, der mir meldet, Binz habe ihm von England aus seine Vermählung mit Fräulein Schwabe (resp. auch mit deren bedeutenden Moneten) angezeigt; es interessiert Sie das vielleicht wohl auch. Der Barone di Both ist jetzt in Rom, läuft vom Papst zu Franz II und wirbt für letzteren Truppen. Wohin der Mensch kommen kann!

Ich schließe, bester Häckel, in der frohen Hoffnung auf ein Wiedersehen in Speyer. Haben Sie Lust mir zu schreiben, so ist meine Adreße bis Ende August: Rentmeister Beck Schommergasse 9/1.

Herzlichen Gruss von

Ihrem

E. Ehlers.

München

21.7.61.

 

Letter metadata

Author
Recipient
Dating
21.07.1861
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 2696
ID
2696