Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Kairo, 8. Februar 1906
HOTEL D’ANGLETERRE
CAIRO
CAIRO, 8 Feb. 1906.
Liebster Freund. –
In den letzten Wochen zu Hause drängte sich so viel Arbeit zusammen daß ich beim besten Willen nicht dazu kam Dir für Deinen herzlichen Brief vom 15ten und die herrlichen „Wanderbilder“ zu danken. Du hast mich mit Beidem sehr erfreut. – Wir fuhren am 30/I. von London nach Marseille & verließen Marseille am 31/I an || Bord der „Schleswig“ (Nordd. Lloyd). Bis nach Neapel & in Neapel war es hundekalt & sehr stürmisch – die Berge nördlich vom Vesuv mit Schnee bedeckt. – Der Rest der Reise gut – die letzten zwei Tage wonnigte warm & hell. – Montag Abend hier angekommen trafen wir unsere drei Jüngsten wohl & munter an. Filius III ist gestern Abend gen Khartoum und Faschoda – Kodok zum Schießen. Tante Ida erkältet u. Ich nach einer Verstrickung an Bord in Alexandria zwischen Bollwerk & Mole gefallen von Dr. Wild angewiesen auf der Chaise langen zu legen & Umschläge auf den Fuß zu machen – sehr überflüssig. – Dr. Wild ist seit 18 Monaten wieder verheirathet mit einer Florentinerin & ein ganz anderer Mensch. – || Er strahlte vor Glück – bedauerte sehr von Deiner Krankheit zu hören und war sehr erfreut von Dir „Weltwunder“ erhalten zu haben. So bald wie möglich wollen wir nach dem herrlichen Assouan – dort vor Anker gehen u. der Ruhe pflegen. – Für den 23/III habe ich an Bord der „Zieten“ (Nordd. Lloyd) von Port Said nach Southampton belegt. – Die Luft hier ist doch ein ander Ding wie die viel gepriesene Riviera. –
Und nun die Hauptsache: zum 16ten Dieses Dir & den Deinen viele herzliche Wünsche – ich wünsche ich koennte Dich & Schwester Röschen an dem Tage nach Assouan zaubern mit Dir anstoßen auf gute Gesundheit u. viele Freude an Kindern & Großkindern. Tante Ida schließt sich Wünschen & Grüßen an Dich & Röschen an. –
Immer
Dein treuer
Paul Rottenburg