Anonym

Anonym an Ernst Haeckel, München, [14. Januar 1898]

München

Erw. Hochwohlgeboren!

Wenn auch nur eine Frau, so habe ich doch mit der größten Aufmerksamkeit alle medizinischen Neuerungen u. Erfolge, ebenso die Gegenwärtige, über den Einfluß der Nahrung auf die zu erwartenden Kinder.

In meiner Jugend gingen wir jeden Sommer auf das Land u. wohnten bei einer Bauernfamilie die bestehend aus zehn Personen, diea hart arbeiten mußten, außerordentlich sparsam lebten, oft hungerten || um sich ihr hübsches Häuschen zu erhalten u. es an Sommergäste vermiethen zu können. Doch kamen nacheinander 7 Mädchen zur Welt, die armen Leute mußten im Dorfe Spott genug leiden.

Das ist ein Beispiel, das die Schenksche Behauptung stark anzuzweifeln ist, erst später als die alten Leute nicht mehr Arb’ter u. durch Erbschaft sie genügend u. gut sich nähren konnten kommen obwohl die Frau schon in den 30. Jahren noch 4. Knaben zur Welt.

Als ich mich verheiratete wünschen [!] sie mir auch 7. Mädchen u. als mein erstes Kleines ein Mädchen war, ging ich mit || den Gedanken um, meines Mannes ärztliche Schriften auf diesen Punkt hin zu studieren, denn soviel Mädchen wären mir, trotz meiner glänzenden Verhältniße, zuviel gewesen, da mein Mann als letzter Sproße eines alten Adelsgeschlechtes sich sehnlich einen Erben wünschte.

In den Büchern fand ich, außer größerer Enthaltsamkeit nichts.

Durch Zufall jedoch kam mir ein altes Buch in die Hände worin ein alter griechischer Arzt einer Frau folgenden Rath gab, sich bei der Umarmung des Mannes auf die rechte Seite zu legen u. liegen zu bleiben, weil auf || der rechten Seite des Mannes u. der Frau die Bedingungen zur männlichen Nachkommenschaft vorhanden seien. Das war leicht durchführbar u. weil ich mich vor meinem Manne schämte, sagte ich ihm nicht von meinem Glauben, richtete mich danach u. bekam 4. Jahre nacheinander lauter Knaben, einmal im Jahr sogar zwei.

Fritz war am 24. Februar 1882 geb.

u. E. am 4. Febr. 1883 geb.

Dann kamen überhaupt keine Kinder mehr u. wir sind starke Eßer u. Trinker. Mein Glaube half mir u. meine Tochter ist auch im Besitze eines kräftigen Jungen, der ich auch meinen diesbezüglichen Rath gab weil ich weiß, wie schwach die || Herren der Schöpfung sind.

Möchte die Wißenschaft meinen Mitschwestern eine gefahrlose Entbindung sichern.

Das wäre eine Aufgabe die nur Segen schaffen würde.

Mit vorzüglicher Hochachtung.

Fr. v. S.

München

a eingef.: die

 

Letter metadata

Author
Recipient
Dating
14.01.1898
Place of origin
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
A 11536
ID
11536