Helene Freifrau von Heldburg an Ernst Haeckel, Altenstein, 10. November 1901
Schloss Altenstein 10.11.01.
Hochverehrter Herr und Freund!
Von Herzen Dank für Ihre soeben eingetroffenen herrlichen Gaben! „Insulinde“ hatte ich mir zwar schon verschafft, denn wir sahen diesem Ihrem Reisebericht mit besonders lebhaftem Interesse entgegen, aber || Ihr Exemplar ist mir deshalb nicht weniger werthvoll und mit dem meinigen erfreue ich nun noch meinen Bruder. Ich bin wieder ganz entzückt von Ihrer Kunst des Erzählens! Das Lesen Ihres Buches ist beinahe, als hörte man Ihnen zu. Und die Illustrationen scheinen || mir vortrefflich gelungen, man vermißt kaum die Farbenglut Ihrer Skizzen. Gleich habe ich mich im 6ten (wundervollen!) Hefte der Kunstformen nach den versprochenen „Nepenthes“ umgesehen – ein späteres Heft wird sie wohl erst bringen. Wie Viel geben Sie uns und anderen im || „mitgenießenden fröhlichen Anschauen“! Möchten Sie Freude haben an all dem Danke, der Ihnen entgegenströmt! – – Leider, ach leider, sind meine Aufnahmen von Ihnen und dem Herzog nichts geworden und die eine von Ihnen allein, die gekommen ist, ist sehr ungünstig ausge-||fallen. Ich weiß nun, da es zu spät ist, auch warum – sie ist zu sehr von unten gesehen – und ärgere mich sehr über mein Ungeschick. Beilegen will ich Ihnen das schlechte Ding aber doch. Hoffentlich sehen wir uns einmal wieder und Sie sind wieder gütig || und halten still, und ich mache meine Sache dann besser. – Der Herzog sitzt seit einigen Tagen fest über dem Zolltarif und dem Reichs-Etat für 1902 – hofft aber bald Sie lesen und Ihnen schreiben zu können. Indessen trägt er mir viel || Herzliches an Sie auf. Ihre verehrte Gattin wird sich an der schönen Widmung der neuen Reisebriefe gefreut und für das Opfer, das Sie Ihnen gebracht hat indem sie Sie ziehen ließ, reichst belohnt gefühlt haben. Darf ich um einen freundlichen Gruß an || sie und Ihre Fräulein Tochter bitten? Mit den wärmsten Wünschen für Ihr und ihr Wohlergehen, hochverehrter Herr und Freund, Ihre Ihnen von Herzen ergebene
Heldburg.