Carl Gegenbaur an Ernst Haeckel, Heidelberg, 30. April 1877
Heidelberg, 30. April 77
Liebster Freund!
Wenn Du deinen Heimreise-Plan zur richtigen Ausführung gebracht hast, so bist Du jetzt wohlbehalten in Jena eingetroffen, und findest Dich im Kreise der Deinen nach vielen schönen Erlebnissen zurecht, froh im Genossenen, aber auch wohl der Heimkehr froh! Leider ist bei Deinem guten Bruder die Zeit nicht so glücklich verstrichen, und die eben durch Deinen Neffen mir mitgetheilte Nachricht vom Hinscheiden Deiner Schwägerin hat Dir einen schmerzlichen Empfang bereitet, sowie sie auch uns erschütterte, die wir die von Gesundheit strotzenden Frau vorigen Sommer hier gesehen zu haben die Freude hatten.
Empfange für Deinen Bruder meine und meiner Frau ganze Theilnahme, wie wir sie hegen müssen in || Betracht der Schwere des Falls.
Auch bei uns ist in den Ferien nicht alles glatt abgegangen, und das Unzulängliche erschien in Gestalt einer Darmaffaire die meine Frau seit fast drei Wochen ans Bett fesselt. Glücklicherweise ist keine Gefahr daraus erwachsen und in einigen Tagen wird Patientin wieder außer Bette sein dürfen, wenn alles so fort geht. Den Kindern ist es gut gegangen und Dein Pathe ist ein recht derber Bengel geworden. –
Unser Sommersemester hat sich recht gut angelassen. Die Umarbeitung des Grundrisses ist fertig, und der Druck wird jetzt begonnen. Nun lebe wohl, viele Grüße von Haus zu Haus!
Stets Dein alter
CG.