Bothe, Margarete

Margarete Bothe an Ernst Haeckel, Greiffenberg, 12. August 1916

Greiffenberg, 12.8.16.

Mein liebster Freund!

Wie soll ich Ihnen danken? Ich nehme im Geiste Ihre mir so lieben Hände, drücke sie herzlich und innig.

Sie haben mir eine sehr große Freude gemacht.

Es ist richtig, leider ist mein wissen kein großes, doch ist mein suchen und hineindringen unermüdlich || mein theoretisches Können ist klein, doch suche ich täglich es zu vervollkommnen.

Nie werden die Bücher so lange ich lebe aus meinen Händen kommen.

Jede freie Stunde will ich Ihnen geistig folgen, mich hinein leben.

Nun ist Görz gefallen mir geht es heiß und kalt über den Rücken, ja, wie soll der Friede aussehen? – ||

Mein Fuß ist etwas besser. Hoffe Sie liebster Freund im Besitz meiner Greiffenberger Karte, wo ich Ihnen mitteilte daß ich mir den Fuß verrenkte.

Nun erhielt ich von meinem Mann recht traurige Nachrichten betreff der Verluste in unser Villa.

Nun habe ich zugleich auf Wunsch meines Mannes nach Budapest an die Oberin geschrieben, sie soll mir in gewissen Dingen entgegen kommen. || Sie werden es gewiß tun, da sie mich sehr gern haben u. alle wissen wie gern ich dort war.

Es ist ein so nettes Zusammenwirken, da dort nur Damen aus den ersten Kreisen sind, welchea alles nur aus reiner Menschenliebe tun. Doch ich kann nicht länger, die Verhältnisse zwingen mich, die Bitte an die Leitung zu tun.

Es werden mehr Menschen im Lande als im Felde zu Grunde gehen. Auch unsere Villa ein sicherer Hafen ist auf lockerem Boden. Doch ich will nicht klagen, ich bin gesund und frisch d.h. bis auf den Fuß. || Nur würde es mir sehr leid tun, wenn meine Tätigkeit in Budapest durch diese Umstände unterbrochen würde.

Nun muß ich erst den Fuß gesund werden lassen, dann wird schon alles gut werden.

Nicht so viel arbeiten liebster Freund bei dieser Hungerkost. Doch ich habe gestern Glück gehabt, habe einen Hahn erobert 3 1/2 Pfund schwer 5 Mk. kostet der Kerl.|| Wenn ich doch noch einen hätte auftreiben können, doch bei der Hitze fürchte ich, erb würde schlecht ankommen?

Dürfen Sie Freund Tauben essen die kann man lebend senden, nicht? Dies würde ich sofort gern tun, soll ich?

Nun umarme ich Sie innig und herzlich und küsse Sie in dankbarer Liebe immer

Ihre Marg. Bothe.

a korr. aus: welches; b korr. aus: es

 

Letter metadata

Recipient
Dating
12.08.1916
Country of origin
Possessing institution
EHA Jena
Signature
EHA Jena, A 6541
ID
6541