Adalbert Geheeb an Ernst Haeckel, Geisa, 12. Januar 1877
Geisa, den 12/1. 77.
Hochgeehrtester, lieber Herr Professor!
Verzeihen Sie gütigst, daß Ihre außerordentlich willkommenen, liebenswürdige Zusendung v. 31. December 76 so lange unbeantwortet blieb: das lästige „Neujahrsrechnungsschreiben“ hatte mich bis vorgestern vollauf in Anspruch genommen, u. erst heute habe ich die sehr interessante Gabe vom Olymp genauer in Augenschein nehmen können. Meinen herzlichsten Dank, ebenso für die freundlichen Wünsche, die meinem Herzen wohl gethan u. die ich aus voller Seele für Sie erwiedere, alles Gute u. Frohe für Ihre || hochgeschätzte Familie wie für Sie selbst vom Himmel erbittend. –
Sehr auffallend war mir dasjenige Pflänzchen, das den Hauptbestandtheil Ihrer Sendung bildet: dieses Eucladium-artige Ding, das ich, mit unbewaffnetem Auge betrachtet, für ein Trichostomum oder Eucladium ansprach. Wie staunte ich aber, als ich es unter dem Mikroskop ansah: eine reizende Alge, – also leider kein Moos! Da ich in der Algologie leider ziemlich unerfahren bin, so habe ich soeben ein Pröbchen an Dr. Rabenhorst gesandt, mit der Bitte, diese niedliche Art bestimmen zu lassen. – Das andere || Pflänzchen ist Hypnum commutatum Ehrh., eine über ganz Europa, namentlich in Sümpfen u. an Quellena mit kalkhaltigem Wasser, verbreitete Art. –
Seit vorigem Sommer besitze ich Ihr einzig schönes Prachtwerk der „arabischen Korallen“! Wie glücklich bin ich, über diese mir früher so unklar gewesene Thiergruppe Aufklärung zu finden! Wie wunderbar schön sind diese Landschaftsbilder, namentlich dieses Meerbild! Ganzen, herzlichsten Dank, auch für den großen Genuß, den ich schon jetzt aus diesem herrlichen Werke geschöpft, u. der immer noch größer werden wird. –
In treuer Liebe u. Hochschätzung
Ihr ewig dankbarer
A. Geheeb.
a eingef.: u. an Quellen