Hermann Müller an Ernst Haeckel, Lippstadt, 18. Mai 1876
Lippstadt 18 Mai 1876
Verehrtester Freund!
Herzlichen Dank für die Übersendung Ihrer neusten philosophischen Arbeit, die ich mit lebhaftestem Interesse und innigster Befriedigung, ohne davon abkommen zu können, sogleich gelesen habe. Ohne Zweifel wird dieselbe die lebhafte Zustimmung aller Anhänger monistischer Weltanschauung finden. Daß die elementarsten Anfänge geistiger Fähigkeit in den Atomen gesucht werden müssen, ist mir von jeher als unabweislich erschienen. Die Art, wie Sie die elementaren Anziehungs- und Abstoßungserscheinungen als Wirkungen elementaren Empfindens und Wollens auffassen, hat mir unmittelbar gefallen. Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie mir gelegentlich ganz kurz (durch Postkarte) mittheilen wollten, wo ich zwei in Ihrer Arbeit erwähnte Abhandlungen im Buchhandel beziehen kann, die ich sehr gern lesen möchte, || nämlich Ewald Hering „über das Gedächtniß als eine allgemeine Function der organisirten Materie“ und a Bessels Untersuchungen über Bathybius. Die letztern b interessiren mich deßhalb, weil Huxley in einer Nr. der Nature von 1875, nach vom Challenger an ihn gelangten Mittheilungen und Proben, die Ansicht aussprach, sein vermeintlicher Urorganismus Bathybius sei nur ein Gypsniederschlag in alkoholischer Flüssigkeit gewesen.
Nochmals herzlich dankend
Ihr hochachtungsvoll ergebenster
H. Müller.
a gestr.: His; b gestr.: hat