Hermann Müller an Ernst Haeckel, Lippstadt, 21. November 1875
Lippstadt 21/11 75
Hochverehrter Herr Professor!
Meinen besten Dank für die freundliche Mittheilung Ihrer „Ziele und Wege der heutigen Entwicklungsgeschichte“. Ich habe dieselbe mit großem Vergnügen gelesen und mich über die treffliche Analyse der fundamentalen Unklarheiten in His’ und Goette’s Auffassung innig gefreut. Agassiz hatte ich immer für einen wirklich bibelgläubigen Menschen gehalten, und so Vieles von ihm war mir in Folge dessen völlig unerklärlich geblieben. Als heuchlerischer Industrieritter ist er mir nun allerdings durchaus verständlich! Michelis’ Haeckelogenie war mir noch ganz unbekannt, seine umgekehrte Descendenztheorie hat mich sehr ergötzt, und es wird mir ein besonderes Vergnügen gewähren, dieselbe nächstens auch meinen Primanern mitzutheilen, denen ich kürzlich zum ersten Male einen Cursus der Anthropogenie ertheilt habe – auf Grund Ihres trefflichen Werkes, dessen Abbildungen ich zum großen Theil in colorirte Wandtafeln umgesetzt habe.
Nochmals herzlichen Dank von
Ihrem ergebensten
HMüller.