Bezold, Albert von

Albert von Bezold an Ernst Haeckel, Jena, 28. März 1861

Lieber Freund.

Ich beeile mich Dich zu benachrichtigen, daß Deine Geräthschaften hier eingetroffen sind. Der größte Theil der Schränke ist übrigens äußerlich ziemlich leidend von den Nachwirkungen der Stöße, welche die, offenbar zu schwer bepackten, Meubles beim Umladena von der Eisenbahn auf die Frachtwagen erlitten haben. Nun aber ist Böhme in Verzweiflung ob der schweren Gegenstände, und sagt mir, daß er seinem gracil gebauten Hause unmöglich zumuthen könne, alle diese Kisten und Kasten in seiner oberen Etage zu beherbergen, da Wände und Decken zu sehr darunter leiden würden, und bei der Verlegung des Schwerpunktes in die 2te Etage, zu befürchten sei, einer der heftigen Windstöße, die manchmal das Thal durchfahren, möchte die ganze Hütte von Ort und Stelle bringen. Deshalb schlage er Dir vor, für die Beherbergung der schwersten Dinge das Zimmer mit dem Kabinet in der ersten Etage zu den oberen Räumen noch hinzu zu miethen, und er wolle Dir diesen Raum, (welchen Du dann b || freilich als Empfangssalon benutzen kannst) für den Vollpreis von 20 Thalern jährlich ablassen. Wenn Du nicht Lust hättest von diesem Gütigen Anerbieten Gebrauch zu machen, und Du außerdem auf der Bepfropfung des oberen Zimmers mit all den schweren Mineralien, Büchern, Pflanzen und Bestien bestehen würdest, so sei er außer Stande, so leid es ihm auch thun würde, Dich als edlen Miether zu bewillkommnen, sondern er müße dann auf andre, wenn auch vielleicht minder edle, doch leichter tragende Menschen Rücksicht nehmen.

Nun meine ich allerdings, daß der Casus nicht einer der angenehmsten ist. Darin, daß Böhme Schaden fürchtet für die papiernen Wände und Fugen, kann ich dem Manne nur Recht geben. Außerdem ist wie erwähnt das besagtec Zimmer zu Soireen pp ganz passend, und 20 Thaler ist in der That ein Spottpreis. Ferner schien mir der Mann sehr entschieden zu sein, die schweren Dinge nicht in die oberen Gegenden des Hauses gelangen zu lassen; und wo eine solide Wohnung in Jena auftreiben? Wäre ein Ausweg, nämlich der daß Du die schwersten Sammlungen in die Räume der Anatomie pp unterbrächtest, und Du so das ängstliche Gewissen des Mannes beruhigtest. Jedenfalls läßt Dich der Böhme durch mich bitten ihm baldige Antwort zu verkünden. Außerdem würde es || practisch sein, den Schlüssel für mehre der Schränke hieher zu schicken, um die letzteren etwas zu erleichtern. Ohne Anwendung von Dampfkraft, welche in Jena bekanntlich nicht existirt, sollen die vereinigten Mannschaften des Tischlers, den Du mit Ausladen der Sachen beauftrugst, nicht im Stande d sein, einige der soliden Stücke über 2 Treppen hinauf zu befördern.

Dieß ist der Stand der geschäftlichen Angelegenheiten. Was meine Privatdinge angeht, so schreibe ich jetzt den ganzen Tag hindurch, was nicht zu den angenehmen Dingen gehört. Daß Du Dich recht wohl befindest als Privatdocent von Jena glaube ich von Herzen, ich wünsche es gewiß, ebenso das Wohlbefinden Deiner verehrten Braut und Eltern. Ich bitte Dich Grüße und Empfehlungen die ich in dankbarer Erinnerung sende, an Letztere (Braut u. Eltern) zu übermitteln.

Deinen Befehlen sehe ich gehorsamst entgegen

Dein

Bezold

Jena am 28 März 1861

a korr. aus: Umhaden; b gestr.: allerdings; c korr. aus: der erwähnte; d gestr.: gewesen

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
28.03.1861
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7722
ID
7722