Besser, Käthe

Käthe Besser an Ernst Haeckel, Norderney, 8. August 1901

Hochverehrter, lieber Herr Professor,

Vier Wochen sind wir hier am roten Meer mit Volk Israel zusammen. Wattenbäder und frische Seebrisen ließen uns über die heiße Zeit gut fortkommen. Sie, verehrter Freund, waren ja durch den Tropen-Aufenthalt genügend für die Hitzegrade trainirt. Ihre Zeilen waren mir eine große Freude, sah ich doch aus ihnen, daß Ihr Befinden ein gutes. Bei allem Pech – ich denke an Ihr verletztes Knie – geht es noch immer glücklich aus. Bei Über-Menschen verläuft eben Alles anders wie bei gewöhnlich Sterblichen. Daß Ihr Herr Sohn heiraten wird und zwar Eine von der Zunft, hat mich zu hören interessirt. Der dereinstige Sprößling muß doch mal ein Rubens werden. Sie hätten doch Maler werden können, haben gewiß wieder eine Menge reizender Aquarelle mitgebracht. –

Mein Mann und ich beobachteten neulich eine lebende, schöne, dunkelblaue Qualle im Kampf mit kleinen Krebschen. Sie zog sich bei Annäherung der kleinen Biester immer zusammen. Riesengroße Exemplare || blonde und brünette – wirft die Flut oft aus. – Neulich erlebten wir auch Meer-Leuchten, das doch riesig interessant. Im Großen und Ganzen bin ich doch lieber in den Bergen. Wo werden Sie wohl zur Erholung hingehen? In Adelboden, wars ganz entzückend schön. –

Daß Sie uns Hoffnung auf ein Wiedersehen im Herbst gemacht, kann ich nur mit dem Wort beantworten „die Botschaft hört‘ ich wohl, doch fehlt mir der Glaube.“ Sie, hochverehrter Herr Professor, sind mir halt selbst zur Fata Morgana geworden. Mein Mann grüßt Sie herzlich. In cc. 8 Tagen wollen wir uns auf den Heimweg begeben. Leben Sie herzlich wohl.

Stets

Ihre getreue

Käthe Besser

Norderney 8.8.01.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
08.08.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7565
ID
7565