Käthe Besser an Ernst Haeckel, o. O., 30. September 1898
30.IX.98
Hochverehrter Herr Professor,
Religio: schwach,
Algebra: ganz ungenügend – denn Sie haben absolut falsch gerechnet mit dem Abzug von 33⅓ Pf. Ich gebe höchstens zu, daß meine mir von Ihnen so gütig zuerkannte „Seele“ nach meines Doktors Lesart also „Empfindung“ – (doch eben auch nur ein Wort) – einen zu „kühnen“ Flug, den aber nicht nach „Sitte und Herkommen“, genommen hat. Ihren lieben Brief darf ich später beantworten, da ich wohl mit Recht fürchte mein vieles Geschreibsel könnte Ihnen lästig werden? Freue mich sehr, daß Ihnen die Wildbäder so gut bekommen. Aber schonen Sie Ihre Gastrula mit den fluchwürdigen Versuchungen der entsetzlichen Table d‘hôte. Vielleicht beschert Ihnen das Fatum doch ein liebenswürdiges germanisches Menschenkind als Tischnachbar, was Sie ein wenig für die lange Sitzung entschädigt. Die Bilder sende [ich] Ihnen nächste Woche nach Baden-Baden. Bis dahin mehr. Herzlichen Gruß und Wünsche sende ich den Rhein hinauf! Leider verfüge ich über eine Phantasie-Flotte – nicht [ ] über Ph-Schiffchen –. Bin halt durch und durch pathologisch! Adio! – Ihre treu ergebene
K. B. –