Bockelmann, Friedrich

Friedrich Bockelmann an Ernst Haeckel, Rudolstadt, 30. März 1908

DR. MED. F. BOCKELMANN

GEHEIMER SANITÄTSRAT

Rudolstadt 30.3.08

Excellenz!

lieber Herr Professor!

Freund W. Klinghammer, der poeta laureatus Rudolstadts, hat mir in Ihrem gütigen Auftrage, ihre reizenden Zeichnungen etc. aus der Apotheose überreicht; in der That für mich werthvolle Andenken an meinen hochverehrten Lehrer, Meister und Freund E. H., dem ich ewig dankbar bleiben werde für die mich aufklärenden wissenschaftlichen Lehren, geschöpft mit Geist aus den Vorgängen der Natur. Meine Häckel-Studien stammen aus den Jahren 1862 etc.; mit †Freund Dr Strube lasen wir Ihre Epoche machenden Darwin'schen etc. Veröffentlichungen; im geliebten || Jena hörte ich später mit Begeisterung Ihre Vorträge und bin bis heute im 74. Lebensjahre begeisterter Anhänger des aufklärenden naturphilos. Lehrers geblieben.

Mit grenzenloser Abscheu habe ich von dem Attentate gelesen, dem unser geliebter E. H. ausgesetzt war. Traurig mußte es uns stimmen, daraus zu entnehmen, wie gering doch die Fortschritte, die brutalen Auffassungen und die Kampfmittel in Erwägungen ziehend, seit dem finstern Mittelalter sind; noch immer gilt die Sentenz des Lucretius ("über die Natur 102 V. 1 Buchs): Tantum religio potuit suadere malorum".

Ich habe immer dem Grundsatz gehuldigt: Forschung, nicht Dogma. ||

Leider war ich in diesem Winter durch anhaltende catarrhische Affectionen verhindert, im geliebten Jena geistige Nahrung, wie früher üblich, aufzunehmen. Hoffentlich im kommenden Sommersemester.

Bitte empfehlen Sie mich und meine Familie Ihrer geehrten Frau Gemahlin.

Herzliche Grüße von Haus zu Haus.

Ihr Ihnen dankbar ergebener treuer

F. Bockelmann

Sollten Sie Freund Bernhard Schultze Excellenz sehen bitte freundlichst von mir zu grüßen. der Obige.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
30.03.1908
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 7194
ID
7194