Bothe, Margarete

Margarete Bothe an Ernst Haeckel, Meran, 10. Mai 1914

Meran d. 10.5.1914.

Mein lieber, guter Herr Haeckel!

Nun werden Sie etwas Ruhe haben und so will ich Ihnen meinen herzlichsten Dank für die Bücher, aber vor allem für das liebe, gute Bild, mit 80 Jahren danken, viele male danken. Dies hängt nun über meinem Bettchen, wie lieb ich es habe, ihm gilt mein Abend und Morgengruß. So mild und lieb schauta es mich an, wie ein Menschengott.

Das [!] mein Bild Ihnen eine kleine Freude || Freude gemacht hat, macht mich glücklich. 1600 Postsendungen hatten Sie zu Ihrem Geburtstage, und doch haben Sie mir geantwortet. Wie nur danke ich Ihnen, wie gern möchte ich Sie sehen. Aber dies geht wohl nicht, es haben Sie zu viele lieb.

Nun muß ich Ihnen lieber Herr Haeckel etwas erzählen. Sehen Sie ich bin ein Naturkind, liebe alles Hohe, Edle und Schöne. Die Berge, die Höhen sind meine Heimat, da bin ich zu Hause. Da bin ich so lustig, froh und frei. Aber immer zurück, dieses unfreie ist nicht schön. Ich möchte so gerne frei sein, wie der Vogel in der Luft, gehen wo hin es schön ist, an hohen || schönen Zielen streben[!] u.s.w. Ich möchte so gerne wandern, die ganze Welt möchte ich mir von oben ansehen. Da las ich in der Zeitung von John D. Rockefeller aus Neu York, und seinem großem Reichtum. Da träumte mir nun so oft, ich soll an ihm [!] schreiben und ich habe es getan. Ganz einfach er soll mir 60 000 M. schenken. Ich möchte so gerne jung, froh und frei sein, man soll nicht viel fragen wenn das Herz giebt und so habe ich ihm nicht viel geschrieben. Sie waren im Traum auch dabei, und haben mir geraten. Das Geld wollen wir in eine Stiftung von Ihnen geben und so || lange ich lebe, bekomme ich die Zinsen. Nun drücken Sie sich den Daumb und lachen Sie nicht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich bin so dumm und hoffe. –

Aber schön wäre es, nicht? Ich möchte es für die Stiftung der Entwickelungslehre geben, was sagen Sie? Es ist so schön, davon schon zu träumen.

Nun hoffe ich von ganzem Herzen, daß Sie lieber Herr Haeckel gesund sind und bleiben und noch recht lange so lieb und gut in die Welt blicken, als mein lieber, guter Menschengott.

Ich grüße Sie recht herzlich und bleibe in dankbarer Liebe Ihre

Marg. Bothe

Meran Villa Driburg.

a irrtüml.: schau; b korr. aus: Taum

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
10.05.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6501
ID
6501