Breitenbach, Wilhelm

Wilhelm Breitenbach an Ernst Haeckel, Bielefeld, 1. Dezember 1915

DR. WILHELM BREITENBACH

BIELEFELD, 1.12.1915

Zastrowstr. 29.

Sehr geehrter Herr Professor!

Mit vielem Dank bestätige ich den Empfang der drei Bände der Schriften Fritz Müllers. Ich bedaure, dass Sie sich bei Herrn Prof. Möller für mich vergebens bemüht haben. Ich hatte weniger daran gedacht, ein Recensionsexemplar des Werkes zu bekommen, als deshalb eins, weil ich doch literarisch mancherlei über Fritz Müller geschrieben habe und weil ich glaube, dadurch nicht unwesentlich zur Verbreitung seines Ruhms beigetragen zu haben. Dass ich als warmer Verehrer des grossen Biologen das Werk sehr gern besitzen möchte, werden Sie mir nachfühlen können, vielleicht lässt es sich wenigstens ermöglichen, dass ich es zu einem ermässigten Preise erwerben kann.

Uebrigens werde ich wahrscheinlich noch in diesem Monat von dem Werke Gebrauch machen können. Mein alter Freund Prof. Pahde, der Vorsitzende des etwa 800 Mitglieder starken Naturw. Vereins in Krefeld fragte bei || mir an, ob ich am 17. Dezember einen Vortrag halten könne. Ich habe ihm vorgeschlagen, über Fritz Müller zu sprechen und die Wahl des Themas ist gutgeheissen worden. So werde ich wohl den ersten öffentlichen Vortrag über Fritz Müller halten und ich denke, dass später deren noch mehr folgen werden.

Soviel ich die Bände durchgeblättert habe, befinden sich unter den Abhandlungen nicht sehr viele, die ich nicht kannte. Die älteren Arbeiten waren mir bereits in Lippstadt bekannt, wo ich sie von Hermann Müller zum Lesen bekam, und auch die portugiesisch geschriebenen kenne ich. Die vielen Arbeiten aus dem ‚Kosmos“ und der ‚Nature’ sind mir alle bekannt und auch sonst habe ich eine Anzahl aus anderen Zeitschriften. Ein wirkliches Bild von der Vielseitigkeit Fritz Müllers erhält man aber erst jetzt, wo alle seine Arbeiten zusammen vorliegen. Es wird mir ein besonderer Genuss sein, die Bände noch einmal durchzuarbeiten.

Das Schicksal der Ehen Heinrich Schmidts fängt an tragisch zu werden. Ich habe seine zweite Frau || bei meinem letzten Besuch in Jena kennen gelernt – im Hause des Herrn Brauckmann, und kann nur sagen, dass sie auf mich einen guten Eindruck gemacht hat. Wenn ein Mann sich in kurzer Zeit von zwei Frauen scheiden lässt, so muss die Schuld doch wohl mehr an ihm als an den Frauen liegen. Oder sollte ich mich irren? Ihre Bemerkung am Schluss Ihres Briefes scheint anzudeuten, dass ich richtig vermute.

Mit herzlichen Grüssen

Ihr dankbarer Schüler

Dr. W. Breitenbach

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
01.12.1915
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 6169
ID
6169