Haeckel, Charlotte Auguste Henriette

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 20. Februar 1865

Berlin 20st Februar 65.

Mein lieber Herzens Ernst!

Wenn ich Dir auch immer hauptsächlich nur sagen kann, wie lieb ich Dich habe, so hätte ich Dir doch schon gerne alle Tage geschrieben; aber mir war das Herz so voll, und da kann ich immer nicht schreiben. Auch mochte ich absichtlich gerne einige Tage vorüber gehn lassen ehe ich Dir Vaters Brief schicke, den ich Dir am liebsten gar nicht schickte, da er an dem Tage geschrieben, wo unser guter Vater so sehr aufgeregt war, daß || es recht gut war, daß ich bei ihm war; und doch darf ich a den Brief nicht unterschlagen. –

Recht sehr verlangt mich, bald von Dir zu hören; in Gedanken bin ich ja immer bei Dir; und besonders viel in dieser ganzen Zeit. Barth kam auch zu uns, wie er ja von Zeit zu Zeit nach Vater sieht, ich denke, wenn Du erst bei uns bist, werden wir ihn öfter auf längere Zeit bei uns sehn. Frau Professor Weiß war auch in diesen || Tagen hier, sie läßt Dich schön grüssen. Ich glaube Du wirst, wenn Du zu uns kommst Vater viel besser finden; ich kann es nicht recht beurtheilen, weil ich ihn täglich sehe; alle die ihn aber länger nicht gesehn, finden ihn viel besser. –

Max Sack ist bei Reimer in Görlitz; es geht ihm nicht sonderlich.

Tante Bertha erholt sich; aber doch langsam, sie wackelt noch sehr beim Gehn. – ||

Nach Karls letztem Brief war Herrmine nicht ganz wohl, sie hatte starkes Schnupfenfieber; ich sehne mich sehr nach Nachricht; hoffentlich geht es besser. –

Vater ist auch heute bei dem starken Schneewetter spazieren gegangen, er fand es ganz schön. –

Wie heitzt sich denn Deine Wohnung, bleibe nur Abends nicht zu lange auf. Grüsse Deine Freunde herzlich von uns. – Auch Bertha einen freundlichen Gruß. – Mit der innigsten Liebe umarmt Dich

Deine Mutter Lotte.

a gestr.: ihn

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
20.02.1865
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 49164
ID
49164