Carneri, Bartholomäus von

Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Marburg an der Drau, 10. April 1897

Marburg 10. IV. 97.

Geliebter und verehrter Freund!

Lassen Sie mich hoffen, daß Sie glücklich wieder an die Riviera gekommen sind, Ihre Lieben dort in befriedigendem Zustand angetroffen haben, und nun mit Ihnen, reich beladen mit neuem Arbeitsstoff, von Herzen des Lebens sich erfreuen.

Sie können sich leicht den- || ken, welchen Genuß mir der herrliche Artikel: Ad Ernesto Haeckel in der Messineschen „Politica e commercio“ vom 17. vorigen Monats geboten hat. Mein Lissaboner Neffe, der jetzt hier ist und bestens sich Ihnen empfiehlt, hat aufrichtig sich daran erfreut. Es liegt etwas classisch Primitives in diesem Enthusiasmus der Italiener für den deutschen Gelehrten.

Meinen nach Messina adressirten Brief haben Sie wohl || erhalten. Mit diesem wartete ich, bis ich meinte, daß Sie daheim angelangt und dort, wie man sagt, ganz in Ordnung sein dürften.

Meine Kinder, die gegenwärtig Dalmatien bereisen, erwarte ich Ende Dieses zurück. Prof. Müllner hat inzwischen eine entsetzliche Gelenksentzündung durchgemacht. Er ist außer Gefahr und hoffentlich erholt er sich vollständig. Glücklicher Weise ist Frl. delle Grazie, die Tag u. Nacht durch vier Wochen ihn gepflegt hat, || nicht selbst ernstlich erkrankt; aber sie ist noch lange nicht in der Ordnung.

Mir geht es eigentlich elend, denn ich bin zu nichts mehr [fähig]; aber ich leide weniger u. habe durchschnittlich gute Nächte. Mehr verlang’ ich nicht. Könnt’ ich noch arbeiten, so wär’ ich bei all meinen Leiden der glücklichste Mensch auf Erden. Ich tauge nur mehr zum Zeittodtschlagen, u. das treff’ ich noch immer bei guter Laune. Hoffentlich kann ich mich dies Jahr noch für Juli u. August nach Krumpendorf schleppen. Und noch hoffentlicher geben Sie wieder eine gute Nachricht Ihrem treu ergebenen

B. Carneri

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
10.04.1897
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 4711
ID
4711