Carl Wichmann an Ernst Haeckel, Eisenach, 30. Dezember 1913
Eisenach, 30. Dez. 1913
Hochverehrte Excellenz,
die gütigen Worte Ihres lieben Briefes, die reiche Sendung, die Mühe, welcher Sie sich mit Beiden unterzogen haben, ‒ das Ganze hat mich hocherfreut und auf’s innigste – ja, zu Thränen – gerührt und ich schüttle darob die verehrte Hand, die dabei am Werke war. Ach, im Geiste ist das leicht gethan, anders in der Wirklichkeit! Denn so sehr ich mir seit Jahren dies Erlebnis wünsche, so sehe ich ihm doch nicht ohne Scheu entgegen. Ein gewöhnlicher Sterblicher vor einem großen Menschen! Ehrfurcht ist eben auch eine Art von Furcht und nur die Liebe, die ja Alles || überwindet, wird mir Muth machen, – die Liebe, die ich aus Ihrem Thun und Wesen Jahr um Jahr eingesogen habe! So will ich denn Ihre freundliche Einladung fürs nächste Frühjahr ganz ernstlich ins Auge fassen. Vorher bin ich nach Italien beordert, um meine recht kaputten Nerven zu straffen.
Wie schön ist es, daß Ihr Allgemeinbefinden sich erträglicher gestaltet hat. Ihre energische Schrift scheint dies schon anzudeuten. Ich hingegen habe fast mit jedem Buchstaben erst einen Kampf zu bestehen und bin, gegen Sie doch noch ein junger Mann von 70 Jahren!
Mögen Sie im Neuen Jahr viel Schönes erleben, vor Allem: mögen Ihnen viele Beweise von unverfälschter Liebe zutheil || werden, denn sie ist und bleibt doch die Krone menschlichen Glückes. Mich aber wollen Sie allezeit rechnen zu denen, die Ihnen unbedingt ergeben sind
In tiefster Hochachtung und Dankbarkeit
C Wichmann
Die Verwendung meiner Gabe für Ihr Phyletisches Archiv steht selbstverständlich lediglich Ihrem Ermessen anheim.
C.W. ||
[Ernst Haeckel, Notiz]
Dankbrief von Carl Wichmann
Eisenach, Mariental 42, Rentier, (welcher 1911 (am 15. 9.) für das Phyletische Archiv
10.000 Mark gestiftet hatte)
Für ein Paket Bücher, das ich ihm am 21.12. als Dank gesandt hatte.
Mir persönlich nicht bekannt!
Von dieser Gabe sind 2000 M für die Ausstattung des Phylet. Archivs verwandt (Bibliothek, Bilder)
4000 an Dr. H. Schmidt für 1913
4000 für Dr. H. S. für 1914 für Archiv-Arbeit.
E. Haeckel
Jena, 31.12.1913.