Carneri, Bartholomäus von

Bartholomäus von Carneri an Ernst Haeckel, Krumpendorf am Wörthersee, 28. Juli 1895

Krumpendorf 28. VII. 95.

Geliebter und verehrter Freund!

Kann Ihnen nicht sagen, wie hart die böse Nachricht mich getroffen hat. Sie können sich’s vorstellen, was es für mich gewesen wäre, Sie noch einmal hier zu haben; und dies entbehren zu müssen, verschwindet mir fast, denk’ ich an was Sie ausgestanden haben müssen, an den Schrecken und Schmerz Ihrer Lieben, und daß Sie nun durch Wochen, anstatt die so nöthige Erholung genießen zu können, in einer peinlichen Lage verharren müssen, || bei der an kein eigentliches Arbeiten zu denken ist. Es ist wahrhaftig keine Phrase, wenn ich sage, daß es mir viel lieber wäre, wenn mich dieses Unglück getroffen hätte. Ich würde so rein gar nichts dabei verlieren, ja vielmehr gewinnen, denn Sie kämen um so gewisser. Aber die Weltlenkung weiß es besser. Wie gut Sie’s übrigens verstehen, in deren Willen sich zu fügen, haben Sie oft bewiesen und das ist mein bester Trost.

Mir geht’s immer gleich mit einer kleinen Tendenz || nach Minder; aber meine Nächte sind besser und mein Magen ist noch ganz gut. Das ist viel.

Meinen Kindern, die an Ihrem Leiden herzlichsten Antheil nehmen, geht es ganz gut. Von uns allen die wärmsten Grüße! Möchten Sie wider Erwarten bald hergestellt sein und bleiben Sie immer so gut

Ihrem

treu ergebenen

Carneri

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
28.07.1895
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 4697
ID
4697