Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Groß-Brütz, 29. September 1916

FRAU E. V. CROMPTON | JAGDHAUS GR. BRÜTZ | BEI SCHWERIN

POST WITTENFÖRDEN

29. Sept. 1916

Hochverehrte Exzellenz,

für Ihre lieben Zeilen Ihnen herzlichst dankend, freue ich mich sehr, über das Glück Ihrer lieben Enkeltochter Else. Möchte das liebe Geschöpf doch so recht glücklich werden!

Mit gleicher Post sende ich Ihnen meinen Glückwunsch.

Ich freue mich sehr, daß die Sachen gut bei Ihnen angekommen sind; doch hatte ich dieselben Ihnen doch ganz || persönlich geschenkt, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, und dürfen Sie darum doch weiter garnicht darnach fragen; Als Ihre „Adoptivtochter“ darf ich das doch?

Ich bin sehr glücklich und stolz über diese neue Auszeichnung und beglückt es mich grenzenlos mich als Ihre Adoptivtochter betrachten zu dürfen und Trautchen als Ihr Adoptivenkelinchen.

Von ganzem Herzen danke ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, innigst dafür.

Heute erhielt ich eine Anfrage der Frau Gräfin von Bassewitz aus Lützow, einem Nachbargut, ob ich ev. der 11jähr. || Comteß Zeichenstunde geben würde. Sie hätte durch die Herzogin Joh. Albr. von mir gehört und meinem Wunsche: Doch ganz vielversprechend. Wenn es mir vielleicht doch noch einmal für Trautchen Alles glücken würde – wie glücklich und dankbar wäre ich Ihnen, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, daß Sie sich so väterlich für mich bemüht haben und mich dem Herzog empfohlen haben.

Sobald ich etwas Näheres erfahre, werde ich es gleich schreiben.

Das liebe, rote Sopha bitte ich als Frachtgut nach Bahnstation Gr. Brütz b. Schwerin i./ Mekl. zu senden.

Haben Sie noch nichts wieder von der Tägl. Rundschau erfahren? ||

Mittwoch Abend traf ich hier wieder ein, nachdem ich noch eine tolle Hetze in B. durchgemacht; da ich für Hr. van Santen noch Muster für hist. Trommeln, d. h. Zeichnungen für solche auftreiben sollte; da habe ich zuerst die ganze Kunstgewerbebibl., dann die d. Lipperheide’sche Sammlung durchgestöbert, endlich fand ich in der Bibl. des Zeughauses das Gesuchte. Außerdem noch im Mus. an 2 Tg. gemalt u. Besorgungen gemacht. Da hatten meine Gastfreunde nichts von mir, da ich früh um 8 fortging und Abends um 8 erst wieder erschien.

Trautchen war überglücklich, als sie mich wiedersah und hat mir gleich in ihrer nur mir verständlichen Sprache lange Geschichten erzählt. Doch heute früh, hat sie sich wieder etwas geleistet. Sie krummelt früh morgends immer in mein Bett. Als ich nun aufgestanden und draußen nach dem Rechten gesehen, und sie anziehen kommen will, finde ich sie, selig rufend „Mama, Bildchen, Buchchen“ da ist sie aufgestanden, hat sich || von der Wand über meinem Nachttischchen das ganz winzige Bücherbrettchen heruntergeholt und sich meine ganze kleine Ausgabe Goethe (Faust I. u. II.a, Egmont, Gedichte heruntergeholt und liest darin. Fängt doch früh an? Der zweite Teil Faust II. war unglücklicherweise in’s Wasserglas gefallen, so daß ich ihnb in der Ofenröhre trocknen mußte. Es ist doch ein Schelm. Wirklich, sie wird von Tag zu Tag wißbegieriger, lieber und süßer. Von ihr kann ich es ja ruhig sagen, ohne, daß es eingebildet klingt, bin ich doch ganz schuldlos daran, daß es solch herzig, gutes Geschöpfchen ist.

Doch nun leben Sie recht herzlich wohl, hochverehrter, lieber, guter Herr Geheimrat, || mein herzlieber, guter „Adoptivvater“ mit herzlichsten Grüßen von Trautchen an ihren lieben „Großpapa“, denen mein Mann sich bestens anschließt, Alles Liebe u. Gute, stets und immer

Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen stets treu und dankbarergebene

Elli von Crompton

a eingef.: I. u. II.; b eingef.: ihn

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.09.1916
Entstehungsort
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4539
ID
4539