Crompton, Ella von

Ella von Crompton an Ernst Haeckel, Wilmersdorf, 3. November 1909

Wilmersdorf b. Berlin-Ringbahnstr. 247.

3. November 09.

Hochverehrte Excellenz,

meinem Versprechen gemäß, Ihnen, hochverehrter Herr Geheimrat, Nachricht zu geben, wenn ich bei Herrn Prof. Körner gewesen, möchte ich Ihnen nun mitteilen, daß ich vorgestern endlich Ihren, am Goethe-Tag, geschriebenen Brief Hr. Prof. Körner übermitteln konnte. Da ich zuerst krank war, dann einmal Hr. Prof. K. verreist, dann ich wieder krank war. Herr Prof. K. freute sich sehr, von Ihnen Näheres durch mich zu hören und will Ihnen sobald als möglich selbst schreiben. Er hörte voller Entrüstung die bösen Vorkommnisse mit Ihrem greulichen Amtsnachfolger und meinte, daß Sie, hochverehrter Herr Geheimrat, doch nicht so ganz still zu all dem sein dürften, sondern hierbei doch energisch in die Öffentlichkeit treten müßten. Sonst war er recht entsetzt, daß Sie sich „so exponiert hätten“, wie bei dem Ferrer-Aufruf, auch, daß Max Liebermann mit unterzeichnet „den ginge es doch nun garnichts an“ – So geht es aber, nun kann || sich Ferrer nicht mehr verteidigen, da wird nun Alles mögliche über ihn in die Öffentlichkeit gebracht, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen und sicher doch nur durch die elenden Priester. – Sonst habe ich schöne Bilder bei Hr. Prof. Körner gesehen; er würde sich auch gerne gelegentlich auf Ihre gütige Empfehlung hin, meiner erinnern, wenn er von event. Aufträgen hören sollte, doch glaubte er kaum, daß an ihn derartiges herantreten würde und bat mich, Sie herzlichst zu grüßen. –

Durch Frl. Friederici, die ich im Sommer in Jena kennen lernte, hörte ich, daß Bruno Wille geäußert, Plate würde sich nicht in Jena halten können, da er zu unbeliebt wäre etc. Wie mich das freuen wurde! Hoffentlich ist es nur wirklich und recht bald der Fall! Es war mir eine rechte Freude, mit Frl. Friederici, die ein so lieber Mensch ist, soviel von Ihnen, unserem hochverehrten, lieben, guten Herrn Geheimrat, plaudern zu können. Hoffentlich hat Sie unser Gruß recht wohl und frisch bei guter Gesundheit angetroffen.

Mir geht es leider noch immer || nicht nach Wunsch. Ich habe wohl etwas zu früh meine Tätigkeit hier begonnen. Am 30. Septr. brachte ich es mit äußerster Energie so weit; um die Reise hierher machen zu können, die schrecklich war, und trat ein 1. Okt. pünktlich ein. Ich konnte kaum gehen und mich nicht recht setzen, da ich allein nicht vom Stuhl aufstehen konnte und hatte die größte Angst, daß mir Jemand etwas anmerken würde. Auf die verschiedenen Fragen, ob ich krank oder so sehr blutarm wäre, sagte ich stets, „so sähe ich immer aus.“ Ich bin aber noch so schwach, daß ich mich gleich sehr schwer erkältet habe, und nun die ganze Zeit über daran leide, sodaß ich deshalb schon 2 x einige Tage zu Hause bleiben mußte, so auch jetzt und recht elend bin, sodaß ich schon ganz verzagt bin.

Am Montag wird des Geschäft Potsdamerstr. eröffnet; am 1. Okt. mußte ich zuerst deshalb indem auch Hr. Wolf Wertheim gehörenden Passage-Kaufhaus eintreten, hernach beim Einrichten etc. des Lagers tätig sein.

Das Scheusal Plate mit seiner Generalstochter hat hier im Monistenbund sich eine starke Anhängerschaft erschlichen und || bin auch ich wirklich sehr der Meinung, daß Herr Geheimrat doch recht bald einmal etwas von sich hören lassen. Kommen Sie nicht am besten selbst einmal bald nach Berlin? Auch sonst glaube ich, würde Ihnen diese Abwechselung recht gut tun. –

In der Hoffnung, daß es Herrn Geheimrat recht, recht gut gehen möchte, würde ich mich so sehr freuen, von Herrn Geheimrat ein paar Worte einmal zu hören, die mir Glück bringen sollen zu meiner Tätigkeit – und verbleibe ich stets mit vielen herzlichen Grüßen

Ihre Sie so hochverehrende, Ihnen treu ergebene, aufrichtig dankbare

Ella v. Crompton geb. Gewert

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
03.11.1909
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 4386
ID
4386