Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelm Ostwald, Jena, 19. Dezember 1911

Jena 19.12.1911.

Herrn Geheimrat Prof. Dr.

Wilhelm Ostwald.

Gross-Bothen (Kgr. Sa.).

Hochgeehrter Herr Präsident!

Im Interesse unseres Monistenbundes, dessen Praesidium Sie mit so ausgezeichnetem Geschick und Erfolg führen, übersende ich Ihnen einliegenden Brief von Dr. Wilhelm Breitenbach (Brackwede i. W.) und bitte Sie, dessen Vorschläge eingehend zu prüfen. Dr. B. gehört nebst Dr. Heinrich Schmidt zu denjenigen meiner zahlreichen Schüler, welche sich durch eindringendes Verständnis und regen Eifer für Förderung unserer monistischen Naturphilosophie auszeichnen. Beide gehörten vor 6 Jahren zu den tätigsten Gründern u. Mitarbeitern des Bundes. || Leider mußte Dr. Breitenbach diese Tätigkeit bald aufgeben, weil ihm – als Drucker und Verleger unserer Zeitschrift – der Vorwurf gemacht wurde, daß er seine finanziellen Ansprüche zu hoch stelle. (– Soviel ich mich erinnere, wurde ihm von einigen Mitgliedern aus Hamburg und München der Vorwurf des „Geschäfts-Monismus“ gemacht. –). Er gründete dann auf eigene Hand die Zeitschrift für „Neue Weltanschauung“, die er mit großem Geschick und gründlicher biologischer Sachkenntnis redigirt; sie ist zur Zeit wohl die beste unter vielen Zeitschriften gleicher Richtung. Ihr angesehener Verleger ist Ambrosius Barth in Leipzig. Es wäre wohl ein großer Fortschritt, wenn diese ausgezeichnete Kraft wieder für unseren Bund gewonnen würde. || Auch würde es gewiß sehr vorteilhaft sein, wenn Redaktion und Verlag nach Leipzig übersiedelten und ganz in Ihrer Nähe wären. Breitenbach würde dazu sehr geneigt sein. Viele Mitglieder des Bundes, die B. kennen und hochschätzen, haben sich in diesem Sinne geäußert.

Vor einem Jahre (Herbst 1910), als Sie das Praesidium des Bundes übernahmen, waren dessen Verhältnisse so zerfahren, daß B. den Vorschlag machte, einen neuen „Ernst-Haekkel-Bund“ zu gründen. Ich habe das natürlich abgelehnt! –

Darauf gründete er den „Humboldt-Bund“. Besser wäre es, wenn diese und andere „Freidenker-Bünde“ einfach in unserem centralen „Monistenbunde“ aufgingen. Den Brief von B. erbitte ich gelegentlich zurück.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr ergebener

Ernst Haeckel.

Jena 20.12.11.

P.S. So eben erhalte ich den Vorschlag der Ortsgruppe Magdeburg, betreffend Giordano Bruno und die Feier in Helmstedt im September 1912. Ich finde, ebenso wie Sie, die Idee sehr glücklich und bin ganz einverstanden.

E. H.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
19.12.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, NL Ostwald
Signatur
1041, 50/12
ID
41413