Ernst Haeckel an Adam Rambacher, [Jena], 25. August 1905
Geehrter Herr Rambacher!
Mit bestem Danke sende ich Ihnen beifolgend das Buch von Lasserre über „Unsere liebe Frau von Lourdes“ zurück, sowie die drei Hefte der „Lourdes-Rosen“. Beim Durchlesen derselben habe ich mich aufs neue über die Leichtgläubigkeit und Kritiklosigkeit der Tausende von frommen Gläubigen gewundert, die sich solche Wundersagen und Zaubermärchen von phantasiereichen Dichtern und spekulativen Priestern aufbinden lassen.
Die zahlreichen wissenschaftlichen und kritischen Untersuchungen der sogenannten „Heilungen“ und „Wunder“ von Lourdes haben ergeben, daß es sich bei den wirklichen Heilungen (meistens Hysterische und Nervenleiden) um Suggestions-Therapie handelt (wie sie auch sonst vielfach mit Erfolg von Hypnotikern bewirkt werden); daß dagegen der größte Teil der angeblichen Wunder auf Selbsttäuschung oder Betrug beruht.
Da ich morgen auf längere Zeit verreise, bitte ich mir keine weitern (– nutzlosen –) Zusendungen solcher Schriften zu machen.
Meine unerschütterliche Ueberzeugung finden Sie im „Monismus“ der „Welträtsel“.
Ergebenst
Ihr
gez. E. Haeckel