Ernst Haeckel an Charlotte Haeckel, Jena, 5. August 1888
Jena 5. August 88
Liebstes Mutterchen!
Wir hatten gehofft, morgen unsere fünfwöchentliche Erholungs-Reise nach Tyrol antreten zu können. Diesmal hat uns Emma wieder einen Querstrich gemacht. Sie bekam vor 8 Tagen (in Folge unreifen Obst-Essens) einen leichten Anfall von Ruhr, und liegt heute noch zu Bette. Wir werden nun mindestens noch 8 Tage hier bleiben, und frühestens am 13. abreisen. || Zunächst ist das Wetter noch so schlecht (– seit 7 Wochen ununterbrochen Regen und Hundekälte! – wahrer „Siebenschläfer“) ‒ daß wir froh sind, in der geheizten Stube zu stecken (in den Hundstagen!!) – Ich selbst benutze die (gestern begonnenen) Ferien, um die letzten Correctur-Bogen der Challenger-Arbeit durchzusehen, und die Sammlungen nach Edinburgh zu verpacken und zurückzusenden. ||
Wir denken, am 13. direct nach München zu reisen, dort einige Tage zu bleiben, und dann zunächst zu versuchen, ob wir in oder bei Berchtesgaden ein passendes Quartier finden, später nach Nord-Tyrol.
– Heinrich ist seit gestern Vice-Director der Chrirurg. Klinik, da sein Chef auf 5 Wochen verreist ist. Im September denkt er nach München und Tyrol zu gehen, und dann nach Potsdam zu kommen ||
– Ich selbst denke im October auf einige Wochen nach Potsdam und Berlin zu kommen, und im Atelier bei Eschke zu malen.
– Hoffentlich geht es Dir jetzt zur Zufriedenheit, liebstes Mutterchen!
– Grüße alle Lieben bestens!
Dein alter treuer Ernst