Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 29. November 1881

Potsdam 29/11 81.

Liebe Agnes!

Schon längst war es mein Wille, mich schriftlich mit Dir zu unterhalten; aber ich kam immer nicht dazu; als ich Deinen Brief bekam, war meine Schwester Bertha und Hedwig Bleek bei mir; die sind nun freilich schon am vorigen Freitag abgereist; aber das Schreiben wird mir immer so schwer, wenn das Herz voller Sorge ist; und das ist es jetzt in vieler Beziehung. Nun wir wollen Gott vertrauen, er wird unser Gebet erhören, und alles zum Beßten lenken. ||

Hat er doch unseren lieben Ernst so sichtbar beschützt in der großen Gefahr. Große Sorge macht mir das Kranksein von Karl; trotz allen angewandten Mitteln will das Uebel nicht weichen; und es war jammervoll zu sehn wie der sonst so rüstige und frische Mann herum humpelte. Seit gestern bleibt er nun ganz im Bett und da scheint es auch, als ließen die Schmerzen nach. Gott gebe es, daß Besserung bald kommt.

Deine Versicherung, liebe Agnes, daß Du Dich mit den Kindern wohl befindest freut mich; || aber leid thut es mir, daß Ihr Lieben nicht zu mir kommen wollt; nun darin muß ich mich finden, und will mich freuen, wenn Ihr, Lieben, das Weihnachtsfest recht vergnügt in Berlin verlebt. Nur bitte ich, daß nicht immer mein zu hohes Alter als Vorwandt benutzt wird, daß Ihr nicht zu mir kommt, denn daa man mit jedem Tage älter wird, könnte ich ja nie hoffen, die bei mir zu sehn, die ich lieb habe; wie ich mir alles einrichte, um das zu leisten, was nöthig ist, das ist meine Sache! – – – ||

Dein Anerbieten für mich in Jena die Holzsäge, die ich Walter schenken will, zu besorgen, nehme ich mit Dank an, da ich ja leider nichts selbst besorgen kann; und da man es in Jena bekommen kann, so ist es ja das Einfachste es dort zu nehmen, da braucht es ja nicht erst verpackt zu werden. Nur bitte ich Dich mir zu schreiben, wie viel es kost, ich werde Dir dann gleich das Geld durch Postanweisung schicken, ich liebe es: solche Sachen gleich in Ordnung zu bringen. – – – ||

Karl hat mir herzliche Grüsse an Dich aufgetragen; und ichb bitte Deine Schwester Clara und die Kinder herzlich von mir zu grüssen. –

Hoffentlich bekommen wir bald einen Brief von Ernst mit guten Nachrichten. Gott möge ihn beschützen, daß er gesund zu Euch heimkehrec! und in seinem Daheim seine Lieben gesund finde. Die Kinder hier sind gesund; auch meine Erkältung ist vorüber; wenn es nur mit Karl bald besser werden mögte, ich bin schon beruhigt, daß er im Bett bleiben muß, denn || es that mir zu leid; wenn er sich täglich so elend aufs Gericht schlepte. –

Nun gute Nacht, liebe Agnes, halte Dich gesund mit den Kindern und behalte lieb

Deine

alte Mutter

Lotte Häckel

a korr. aus: das; b eingef.: ich; c korr. aus: heimkehrt

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
29.11.1881
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36808
ID
36808