Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 22. September 1876

Potsdam 22/9 76.

Liebe Agnes!

Herzlich danke ich Die für die gestern erhaltenen Briefe, und freue mich, daß es Dir doch besser geht und Du etwas an die Luft kannst; die Kräfte werden sich ja auch bald ersetzen, das geht ja wenn man jung ist schneller. Bei mir geht es langsam, der Husten hat sich gebessert, aber sonst bleibt noch viel zu wünschen, ich bin ganz kraftloos, an ausgehn ist nicht zu denken, ich habe noch keinen || Fuß vor die Thür gesetzt, und das schwerste für mich ist, daß ich so wenig arbeiten kann. Vorgestern war Karls Geburtstag, dazu waren seine Universitätsfreunde, die jetzt in Berlin sind Nachmittags zu ihm gekommen, auch a meine Schwester Bertha war hier, sie kam schon früh und blieb bis gestern Abend bei mir, was mir eine große Freude war, sie sagte mir auch, wie nett es || bei Karl gewesen sei. Da ich nicht dort sein konnte, war Karl mit Clarab bei mir zum Frühstück. Ich bin ja froh, daß Karl mit den Seinen gesund ist. –

Morgen wird Heinnrich das Abiturientenexamen haben; da seine schriftlichen Arbeiten alle sehr gut gefunden sind, wird ihm wahrscheinlich das mündliche Examen erlassen. –

Wie innig, meine liebe Agnes, freue ich mich, daß es unserem lieben Ernst so gut geht; Gott behüte ihn || ferner, daß er gestärkt und erfrischt heimkehrt. Es that ihm zu noth; ja ich habe da, die Nachrichten von ihm so lange ausblieben, rechte bange Sorge gehabt, er könne krank geworden sein; nun, Gott sei Dank, daß es ihm gut geht, und möge er dann auch bei seiner Heimkehr seine liebe Frau ganz erholt und munter wiederfinden, das wird ihm die größte Freude sein. Dann || muß er sich aber auch nicht wieder so übermässig in Arbeiten übernehmen; und öfter etwas Erheiterung sich verschaffen, die erb ja immer am liebsten in seinem Familienkreis sucht, und es ist ja für Dich eine große Freude, daß er nicht wie, so viele Männer ausser dem Hause Erfrischung sucht. – –

Hoffentlich bekommst Du bald wieder Nachricht von ihm, und theilst es mir dann || mit, denke, daß mir das, die größte Erquickung ist; wenn ich Gutes von meinen Kindern höre. –

Das Hemdchen denke ich Dir bald zurück zu schicken, und werde die neuen bald machen. –

Empfiehl mich Deiner lieben Mutter und Schwester beßtenst, und dem lieben Kleeblatt gieb einen Kuß von ihrer alten Großmutter, die mit Liebe ihrer gedenkt. Mit dem Wunsch für Euer Wohl bleibe wie immer Deine alte

Mutter Lotte. –

a gestr.: Sc; b korr. aus: Karl; eingef.: er

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
22.09.1876
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36710
ID
36710