Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Agnes Haeckel, Potsdam, 2. – 7. November 1875

Potsdam 2/11 75.

Liebe Agnes!

Herzlich danke ich Dir für Deinen lieben, heute erhaltenen Brief. Sehr freue ich mich, daß Ihr, Lieben, gesund seid, und daß Ihr Deinen Geburtstag heiter im häuslichen Kreis verlebt habt. Gott erhalte Euch Euer häusliches Glück ungetrübt. –

Daß Euere Universität weniger Studenten als in früheren Jahren hat, thut mir leid. Ist es aber in diesem Jahre fast in allen Lebensverhältnissen, daß man gemahnt wird einfach und sparsam zu sein, fast alle Einnahmen sind geschmälert und dabei die Theuerung. Sieh, mein liebes Töchterchen solche Betrachtungen bestimmten || mich auch, daß ich nicht, wie ich gewollt, Dir hier ein seidenes Kleid kaufte, und Die dazu lieber das Geld schickte, damit Du es verwendest, wie es Dir am liebsten ist. Uebrigens mache Dir keine Sorge: ich brauche für mich wenig und freue mich, daß ich wenig Bedürfnisse habe, mir ist es nur lieb, wenn ich meinen Kindern eine kleine Freude machen kann, freilich muß ich meine Wünsche auch beschränken, und ich werde in der Beziehung mir zu Weihnachten manches versagen müssen, doch das Viele thut es nicht, || im kleinen ist ja auch ein Ausdruck der Liebe; und so wird der Moselwein, den Ihr bekommen habt, mein Hauptgeschenk sein.

Doch nun genug über dies Capittel, und zur Beantworttung Deines Briefes: da es hohe Zeit ist den Rum zu versenden, so habe ich gleich nach Empfang Deines Briefes nach Stettin geschrieben, aber ich habe Deinen Auftrag überschritten, du hast 12 Flaschen bestellt ich habe aber 24 bestellt, weil die Unkosten für jede Flasche beträchtlich höher kommt als bei 24, und der Rum viele Jahre sich hält, so seid ihr auch länger versorgt. Ich denke es ist Euch recht. ||

Sonntag.

So lange ist dieser angefangene Brief an Dich liegen geblieben, und ich konnte immer nicht zum Schreiben kommen, auch heute habe ich voll auf zu thun, da die Häckelei zu Mittag bei mir sein wird (10 Personen) die erste Gans soll verzährt werden; ich wünschte nur meine jenenser Kinder und Enkel könnten dabei sein, so muß ich Ihnen nur meinen herzlichsten Gruß schicken. Nächstens schreibe ich mehr, für heute seid Gott befohlen, und behaltet lieb

Euere

alte Mutter Lotte

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
07.11.1875
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36666
ID
36666