Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 18. Januar 1874
Potsdam 18/1 74.
Lieber Ernst!
Als ich gestern eben mich rüstete zur Fahrt nach Berlin, kam die Zeitung, die mir wieder die Todesnachricht eines Deiner Freunde brachte. Ich weiß ja, daß Du Max Schulz so lieb hast; und auch in Deiner Wissenschaft viel Berürungspunkte mit ihm hast, kann also ermessen, wie Dich dieser plötzliche Todesfal bewegt; und doppelt ergreiffend es für Dich ist mit den nächst betroffenen Leidtragenden zusam-||men zu sein, die armen Eltern. Und doch, wenn Dir es auch schwer ist, den Jammer der tief Gebeugten zu sehn, so muß es Dir doch lieb sein, wenn Du ihnen etwas kannst helfen den Schmerz zu tragen. Bertha bekam gestern einen Brief von Anna Bleek (Anna und Hedwig sind sehr befreundet mit der jungen Frau Schultze) die schrieb wie untröstlich die Frau sei, sie waren dort gewesen, hatten sie aber nicht gesehn, ihre Mutter hatte gesagt, sie habe doch ein-||mal nach den Kindern gefragt. Anna schrieb auch Max Schultze habe erst seit 8 Tagen sein neues Haus bezogen, und sei am Dinstag ganz gesund und heiter noch mit Freunden zu sammen gewesen. Die arme Frau und Kinder; und dann muß ich wieder an den Jammer in Jena denken; sprich der alten Frau Schulz und Frl. Julchen meine Theilnahme aus mit herzlichen Gruß. –
Tante Bertha fand ich gestern nicht so gut, als das vorige mal, sie hatte wieder schröpfen müssen. Maria Reimer (die Frau Georg) welche Bertha besuchte, sagte mir, daß es Gretchen jetzt so gut ginge, ich fragte darnach und freue mich Agnes und Frau Huschke so gute Nachricht geben zu können.
Hier geht es auch mit unserer Wöchnerin und dem kleinen Jungen recht gut. – Von Karl hasta Du wohl den Brief bekom-||men, er wollte Dir 100 Thaler schicken; bitte schreibe ja ob es gut angekommen ist. Brauchst Du unser Geld, dann schreibe nur, ich werde dann Rath schaffen. Mutter Minchen ist gestern von Berlin nach Frankfurt gefahren. –
Hoffentlich seid Ihr, Lieben, alle gesund; grüsse Agnes und die Kinder herzlich von mir; und gebt mir bald Nachricht von Euch.
Paßt Lisbeth das Jäckchen? oder soll ich für || sie ein größeres schicken? –
Gestern und heute sind meine Gedanken immer bei Dir, und ich sehne mich sehr nach Nachricht von Dir.
Gott behüte Dich und behalte lieb
Deine
alte Mutter
Lotte.
a korr. aus: hattest