Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Potsdam, 1. April 1873

Potsdam 1/4 73.

Mein lieber Ernst!

Da Dir Karl in beifolgenden Brief alles berichtigt hat, was in unserem hiesigen Leben zu sagen ist, so sende ich Dir hierbei nur meinen innigsten Gruß. Du kannst denken wie es mich beglückt, daß Du bis jetzt die Reise so glücklich zurück gelegt hast, und auch so viel Naturgenuß gehabt hast, und so manche Ausbeute für Deine wissenschaftliche Intresse. Gott behüte Dich ferner, daß Du recht gesund und erfrischt heimkehrst, und dann mit neuem Muthe Dein Tagewerk beginnst. ||

Unser Erdenleben ist nun einmal ein ewiger Kampf; freilich ist es nicht recht gegen uns selbst und unsere Lieben, wenn man nur alles gehn läßt und mit Geduld hinnimmt; viel läßt sich bessern und ausgleichen; wenn man nur immer mit klaren Blicken das Leben betrachtet und mit Liebe alles offen bespricht, mit Liebe und Consequens kann viel erreicht werden und kleine Verwöhnungen abgestreift werden. –

Gott helfe uns allen || immer mehr zum inneren Frieden, dann tragen wir auch die kleinen Plackereien mit mehr Freudigkeit. –

Jetzt ist nur mein Hauptwunsch, daß es Dir ferner wohl gehe, und Du bei Deiner Heimkehr Deine liebe Frau und die beiden Kinder gesund antriffst. Hoffentlich hast Du schon gute Nachricht von Jena; nach der letzten, die ich hatte, war ja Walter wieder ganz wohl, und ging auch aus; hoffentlich geht es auch Agnes besser, a trotz meiner öfteren Anfragen nach ihrem || Ergehn, sagt sie mir nichts darüber. Daß unser liebes, kleines Lisbetchen wieder Schmerzen gehabt hat, thut mir sehr leid; wie gerne würde ich Agnes behülflich sein, wenn ihr mit meinen schwachen Kräften gedient wäre; aber das ist wohl nicht ihr Wunsch. – Ich habe ihr vor einigen Tagen ein Kistchen mit Apfelsinen geschickt, hoffentlich ist ihr das eine kleine Erquickung. Gott gebe, daß es dort bald ganz gut geht; er behüte Dich und Dein Haus. Geniesse recht das Schöne, was Du auf deiner Reise findest, aber schone auch Deine Gesundheit. Gedenke Deiner alten Mutter Lotte.

a gestr.: weg

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
01.04.1873
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36518
ID
36518