Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 17. Januar 1872

Berlin 17/1 72

Mein lieber Ernst!

Endlich hat der Tischler heute die Sachen für Euch umbunden, und ich hoffe sie werden morgen abgeholt, und kommen gut bei Euch an. Braucht es in Gesundheit. –

Gestern waren Karl und Clara hier; aber hatten so viel Besorgungen, daß ich sie fast gar nicht gesprochen habe. Was aber die Hauptsache ist: Karl sieht besser aus und meint auch er fühle sich besser. ||

Von ihnen hörte ich, daß Julius krank sei; ich ging heute gleich hin, habe ihn aber nicht gesehn, weil Adelheid meinte, der Doctor wolle, er solle kein Besuch annehmen, der Doktor habe gemeint, es sei eine verschleppte Grippe. Gott gebe, daß es bald besser werde. Nun noch einige Erläuterungen zu meiner Sendung: ich habe für Euch die neue gute eiserne Bettstelle auf Drahtgitter genommen, beim Aufschlagen sei vorsichtig, || daß sich niemand klemmt, den Hacken, womit sie fest gemacht wird, habe ich angebunden, damit er nicht abgestossen wird. – In der kleinen Bettstelle habe ich den Stuhl gebunden, den Agnes für Walter wünschte. Darunter liegt der Strohsack, in dem ich in einen Zipfel den Schlüssel zum Schrank genäht habe. Dann habe ich ein Buch und ein Tuch von Dir noch eingepackt, ich hörte erst gestern von Karl, daß || beides Dir gehöre, und da ich den Schrank nicht nochmals öffenen wollte, habe ich es mit der Bettstelle verpackt. Beim Oeffenen und Auspacken des Schranks müßt Ihr recht vorsichtig sein. Auf der Rückwand ist die Karte mit Stiftchen angenagelt. Ich dachte mir es würde Agnes lieb sein auch die Pferdehaarmatratze zum Bettchen zu haben und da es sich im Ganzen nicht gut Packen ließ, so habe ich es überall zwischen gepackt, wo || Platz war, Agnes muß nur die Pferdehaare sammeln, und aufzupfen lassen, zwei leinene Ueberzüge dazu kommen mit, damit sie wechseln kann, und einen rothen drüber zu ziehen. Sonst habe ich alles, was Du wünschtest, mit ein gepackt; auch für Agnes die Reisstärke, welche sie sich zum Rockstärken wünscht, und wo ich ihr, als sie hier war, was falsches gegeben hatte. – ||

Hoffentlich hast Du Deine Werthpappiere gut zu Hause gelegt und glücklich in Deinem Blechkasten untergebracht. – Warst Du bei Deiner Anwesenheit hier bei Herrn Joachim und hast Du demselben Pappiere gebracht, schreibe mir darüber, ich weiß nichts davon; Bertha, die für mich bei Herrn Joachim die Sachen besorgte, sagte davon, worüber ich aber nicht klar bin, denn ich hatte ihr von Dir 200 Thaler gegeben die Du mir hier gelassen, || dazu habe ich die 400 Staatsanleihe verkauft und für alles zusammen Wiener-Terespoler-Eisenbahn gekauft. Ich kann mich nur darin nicht finden: Bertha spricht immer, Du habest 50 Thaler Stadtobligationen an Herrn Joachim gebracht, die dabei verrechnet seien, das stimmt aber nicht; schreibe mir daher nur einfach; ob Du Herrn Joachim was gegeben hast, und ob er es mit Dir verrechnet hat. – ||

Nun, meine lieben Kinder, für heute nur noch einen recht herzlichen Gruß an Euch Lieben alle. Gott sei mit Euch und behüte Euch. –

Hoffentlich seid Ihr gesund! Wenn Du, mein lieber Ernst, soviel mit Deinen Geschäften zu thun hast, so erzeigt Agnes mir wohl die Liebe und sagt mir zuweilen mit ein paar Wortten, wie es Euch geht, darum bittet

Euere

alte Mutter Lotte.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
17.01.1872
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36447
ID
36447