Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 31. Mai 1870
Berlin 31sten
Mai 1870.
Mein lieber Ernst!
Herzlichen Dank für Deinen gestern erhaltenen Brief. Herzlich freue ich mich mit Euch über die darin erhaltene Nachricht; es wird gewiß für Euch alle und besonders für Walterchen ein großer Seegen sein, daß er nicht der Einzige bleibt.
Agnes bedaure ich wegen der Seekrankheit; sie soll aber nur recht standhaft sein, und guten Muth haben; das zweite Kindchen kommt in der Regel leichter als das || erste! ich bitte sie nur sehr dringend; sich täglich mässige Bewegung zu machen, dadurch wird ihr vieles leichter werden. Für jetzt soll sie nur versuchen, ob ihr bei den Uebelkeiten nicht gut thut, etwas gezuckte Pommeranzenschale zu essen, die könnt Ihr gewiß in Jena haben, sollte es nicht sein, so schreibt es, dann schicke ich welche von hier. – Daß Agnes nun die Thüringerreise nicht mit Dir || machen kann, thut mir für Euch beide leid. Ich habe schon gedacht, ob Du es nicht so einrichtest auf einige Tage im Feste zu uns zu kommen; die Potsdammer denken mit allen Kindern Montag, den zweiten Feiertag bei uns zu sein, wie hübsch wenn Du dann auch bei uns wärst. –
Den Plan Agnes und Walterchen hier zu sehn, wollen wir aber nicht zu bald aufgeben; es ist ja so so schmerzlich, daß ich Euch nur so selten habe. – – ||
Tante Bertha ist vorigen Sonnabend nach dem Harz gereist, ich freue mich, daß sie gutes Wetter hat. –
Im Aquarium soll ja jetzt solch großer besonderer Salamander sein, zieht Dich der nicht? – –
Ich weiß nicht ob ich es Dir schon geschrieben habe, daß Hulda am 2 July zieht, ich habe mir das junge Mädchen gemiethet, die bei Gertrude war. Vater hustet noch viel, hoffentlich giebt es sich bald. –
Meinem Jenenser Kleeblatt den innigsten Gruß von Euerer alten
Mutter Lotte.