Haeckel, Charlotte

Charlotte Haeckel an Ernst Haeckel, Berlin, 17. [Oktober 1864]

Mein lieber Herzens Ernst!

Von einem Tage zum andern habe ich gehofft von Dir Nachricht zu erhalten, aber immer vergebens. Nun bin ich in großer Sorge um Dich ob Du krank seist. Ach, bitte, schreib mir bald aufrichtig, wie es Dir geht, kannst Du nicht schreiben, so kann ja Bertha es thun. Vater verlangt sehr, von || Dir zu hören, heute früh sagt er: wieder keinen Brief von Ernst, er hat gewiß sehr viel zu thun, aber heute mußt Du ihm schreiben, daß er uns gleich Nachricht giebt, er braucht ja nur ein paar Worte zu schreiben, wie es ihm geht. –

Meine Gedanken haben Dich, mein lieber Sohn, auf der Reise begleitet und sind immer || bei Dir, ich fühle es recht mit Dir, welche schwere Tage Du wieder durch machst; aber laß uns standhaft und muthig kämpfen, daß wir darnach ringen, immer ergebener in Gottes Willen zu werden. –

Das traurige Wetter erschwert es Dir auch noch mehr, da gewährt auch die Natur Dir keine Linderung. Wenn Dir es so schwer wird, dann, mein lieber Ernst, spricht [!] Dich nur immer gegen mich aus, Du weißt || ja, wie ich von ganzen Herzen alles mit Dir tragen möchte. –

Mit Vater geht es im Ganzen leidlich, ehe besser als schlimmer; die Nächte werden besser; und was mir besonders lieb ist, er beschäftigt sich mehr, so lese ich ihm jeden Abend aus Gneisenaus Leben vor, was ihn sehr interessiert, und er liest mir mit unter auch etwas vor. – ||

Aus Landsberg hatten wir vorgestern einen Brief danach ging es Herrmienen und dem Jungen gut; Tante Bertha schreibt: Herrmine wird wohl Dinstag aufstehn. –

Bei Jakobis waren alle im Hause ausser klein Annchen am vorigen Mittwoch an Diare und Erbrechen erkrankt, auch a 2 Nätherinnen. Trotz Untersuchung || hat sich die Ursache nicht ermittelt, jetzt sind wieder alle wohl. –

Grüsse Deine Freunde herzlich von mir, auch Bertha.

Vater grüßt Dich herzlich.

Nun leb wohl, mein lieber Ernst, sei männlich stark und beruhige bald mit ein paar Worten

Deine

Dich so innig

liebende Mutter.

Einliegendes kam gestern an Dich unter Kreuzband aus Hannover.

a gestr.: die

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
17.10.1864
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 36191
ID
36191