Haeckel, Karl

Karl Haeckel an Ernst Haeckel, Freienwalde, 9. Juni 1857

Freienwalde 9 Juni 1857

Lieber Ernst

Auf Deinen gestrigen Brief, der heute oder morgen nach Berlin weiter geht, beeile ich mich Dir das Nöthigste zu antworten. Ich habe recht lachen müssen, daß Du Dich vorzugsweise mit dem abquälst, was mir das Allereinfachste zu sein scheint, der Frage: ob Du Dich von dort aus zum Examen melden könnest. Die Schwierigkeit wird sich wohl noch heben lassen. Du mußt Dich [!] nur ganz genau durch Chamisso oder einen Deiner in Berlin brieflichen Bekannten über die dazu nöthigen Formalitäten Erkundigung einziehen. Zieht das österreichische Impfattest nicht, so versprichst Du eins nachzubringen. Kurz, die Meldung wird, nöthigenfalls unter einer Befürwortung Deiner Protektoren, Johannes Müller, p, wohl auch von da so gemacht werden können, daß Du zum November herankannst. Ist aber dieser Punkt in Richtigkeit, so kannst Du ruhig bis Anfang September bummeln. – Ich kann nicht vor Anfang August hier fort. Grieben hat von 20st Juni ab auf 6 Wochen um Urlaub gebeten, kommt also circa den 2ten || August zurück. Den 6ten würde ich also Abends in Ischl sein können. Denn daß Du bis dahin nicht in Wien bleibst, finde ich ganz in Ordnung. Schwärme lieber Natur in Aussee! – Wir könnten dann v. 7–27.st bis Wien zurücka herumbummeln, Du gehst dann direkt zurück nach Berlin, wenn Du nicht anders kannst, ich schau mir noch Wien und Prag an. Lieber wär mir‘s natürlich, Du bliebst noch mit in Wien. Ich möchte gern mit Dir das Wichtigste dortb sehen, das Du doch noch bis dahin theilweis aufsparen könntest.

– Einen Paß besorge ich mir nächstens, mit K. K. Österreichischem Gesandtschaftsvisum. Für das Stückchen Baierland ist doch kein besonderes Visum erforderlich? –

Ich studire jetzt schon täglich etwas Geographie oder dergleichen für die Reise. Nur gutes Wetter dazuc! – Diesen Wunsch hat man doppelt, wenn man wie wir hier fast beinah 4 Wochen ohne ordentlichen Regen sitzt, d von der Hitze gräßlich leidet, u. fürchten muß, daß das schlechte Wetter nachkommt. Die Saaten haben so durch die Hitze gelitten, daß eine Mißerndte ernstlich in Aussicht steht, namentlich beim Sommergetreide.

Die Aeltern sind am Sonnabend zurückgereist, Mutter Minnchen, geht den 15 fort, um || in Stettin alles zu packen, u. dann nach Steinspring zu gehen. Sie wünscht, daß Mimmi mit den Kindern sie im August in Heringsdorf besucht.

Frau u. Kinder sind munter, Annchen hat recht zugenommen. Gebe Gott, daß alles so wohl ist, wenn ich reise.

Für Deine Reisebeschreibung herzlichen Dank, sie wandert mit nach Berlin mit dem sonstigen Briefe. Ueber die Examen-Meldung werden sie Dir wohl bald von dort schreiben.

Ade, herzlichen Gruß von Deinem treuen Bruder

Karl

Mutter Minnchen u. Mimmi lassen schön grüßen.

1. Muß ich eine Gletscherbrille haben?

2. Ich wollte mein schwarzes Offizier-Ranzel mitnehmen, da meine Jagdtasche zu klein ist. Was meinst Du?

3. Ich bringe Reisesack mit Reservewäsche nach Ischl mit, wir schicken ihn von da nach Aussee, wo wir 8–12 Tage später hinkommen u. dann nach Wien.

Eine Möglichkeit ist wohl vorhanden, daß ich noch || 2–3 Tage früher fort komme. Aber ich kann nicht darauf rechnen, es hängt alles von Griebe‘s Rückreise ab. Er geht nach Johannisbad um eine Kur zu brauchen,

Ich soll Dir noch schreiben von den Frauen: „ich sei immer abwesend auf der Reise“.

a eingef.: bis Wien zurück; b eingef.: dort; c eingef.: dazu; d gestr.: nur

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
09.06.1857
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 34937
ID
34937