Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Thaddeus Burr Wakeman, Jena, 26. Juni 1911

Jena 26. Juni 1911.

Lieber Professor Wakeman!

Schon längst hätte ich Ihnen für Ihre beiden letzten Briefe danken sollen; aber leider konnte ich nicht schreiben. Ich bin seit 4 Monaten sehr krank und unfähig zur Arbeit. Im März litt ich an Influenza. Am 20. April tat ich in meiner Bibliothek einen sehr schlimmen Fall. Die Fractura femoris heilt sehr langsam; ich fange erst jetzt (– nach 10 Wochen –) wieder an, langsam auf Krücken zu gehen.

So werde ich leider den Monisten-Congress in Hamburg (8.-11. September) nicht besuchen können, und werde (– wenn möglich? –) statt dessen eine Bade-Kur versuchen müssen. ||

Ihre Briefe, mit den Adressen von der Familie Ingersoll und von Prof. Lester Ward habe ich an den Sekretär des Monisten-Congresses geschickt, Herrn Riess (Hamburg, Postamt 25).

Hoffentlich geht es Ihnen recht gut! Mit herzlichsten Grüßen und Wünschen

Ihr alter

Ernst Haeckel. ||

[Druckschreiben:]

Aus Anlaß des schweren Unfalls, der mich am 20. April d. J. betroffen hat und der einen Bruch im linken Hüftgelenk zur Folge hatte, sind mir überaus zahlreiche Kundgebungen herzlicher Teilnahme zugegangen. Da ich außer Stande bin, allein einzelnen Freunden und Gesinnungsgenossen meinen aufrichtigen Dank schriftlich auszusprechen, bitte ich ihn in diesen Zeilen entgegen nehmen zu wollen.

Um vielen Anfragen nach meinem jetzigen Befinden und zukünftigen Aussichten zu genügen, füge ich noch die Mitteilung hinzu, daß die Fractur des Oberschenkelhalses (innerhalb der Gelenkkapsel) relativ günstig verlaufen ist, da beide Bruchflächen fest ineinander gekeilt sind. Indessen wird die langwierige und schmerzhafte Heilung (im 78sten Lebensjahre) immerhin sehr langsam verlaufen und eine dauernde Verkürzung des Beines hinterlassen. Mehrere Monate werde ich noch an das Zimmer gefesselt sein. Besonders bedaure ich, daß dadurch mein Arbeitsplan dieses Jahres, die Einrichtung des Phyletischen Archivs und die Niederschrift meiner Lebenserinnerungen, auf unbestimmte Zeit verschoben ist.

ERNST HAECKEL.

JENA, 18. Mai 1911.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
26.06.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Zielort
Toussaint Farm North Mianus
Besitzende Institution
Ernst-Abbe-Stiftung Jena
Signatur
A 33431
ID
33431