Ernst Haeckel an Paul Rottenburg, Jena, 21. Februar 1889
Jena 21 Febr. 89
Lieber Freund!
Von Potsdam zurückgekehrt, wo ich meine innigst geliebte Mutter vor 6 Tagen begraben habe, finde ich hier Deinen lieben Brief vor, für den ich bestens danke. Ich habe 14 trauervolle Tage durchlebt. Die Lücke, die der Verlust des besten Mutterherzens in’s Leben reißt, ist nicht auszufüllen. Doch überwiegt im Schmerze der Dank, daß ich eine so herrliche Mutter 55 Jahre lang besessen hab, und daß die arme Dulderin endlich von ihrem Leiden erlöst ist. – ||
Ich trete am 1. und 2. März meine Reise nach Genua an, von dort wahrscheinlich nach Corsica oder Spezzia. Ende April bin ich zurück.
– Die Siphonophoren schicke ich Dir nächste Woche.
– In der Hoffnung, Dich im Sommer hier zu sehen, mit freundlichsten Grüßen
von Haus zu Haus
Dein treuer
E. Haeckel. ||
[gedruckte Todesanzeige]
Heute Nachmittag 3 Uhr entschlief nach längerem Leiden unsere theure Mutter, die verw. Ober-Regierungsräthin
Charlotte Haeckel,
geb. Sethe,
im neunzigsten Lebensjahre.
Potsdam, den 12. Februar 1889.
Carl Haeckel, Landgerichtsrath in Potsdam.
Ernst Haeckel, Professor in Jena.
Die Beerdigung findet am Freitag, den 15. d. Mts., Nachmittag 3 Uhr von der Leichenhalle des neuen Kirchhofes aus statt.