Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Richard Semon, Jena, 25. November 1901.

Jena 25. 11. 1901.

Lieber Semon!

Mit Dr. G. Fischer habe ich heute die finanzielle Lage Ihrer „Australischen Forschungsreise“ und die Schwierigkeiten ihrer kostspieligen Vollendung eingehend besprochen. Letztere sind dadurch erhöht, daß unsere Jena. Medic. Naturwiss. Gesellschaft in sehr schlimmer finanz. Lage ist (– über 5000 Mk Schulden bei G. Fischer! –) und Nichts mehr für Herausgabe Ihres Werkes thun kann. Dagegen bin ich gerne bereit – soweit möglich! – aus den Erträgen der „Ritter-Stiftung“ einen weiteren Betrag zur Subvention der Vollendung Ihres Werkes zu liefern, bez. bei der Regierung zu beantragen. ||

Das specielle Arrangement wird am besten noch einige Zeit vertagt. Es wird am zweckmäßigsten sein, letzteren Beitrag (– aus dem Ritter-Etat für 1902 oder 1903? –) „für die Med. Naturw. Gesellschaft“ zu beantragen, und dann den Betrag, den Freund Fürbringer inzwischen für die beiden „Ritter-Exemplare“ ausgelegt hat, an diesen zurückzuzahlen. Sonst könnte ich auch den vollen Betrag des Frei-Exemplars, das ich von Ihnen für das Zoolog. Institut gratis erhalten habe, für dieses übernehmen und an F. auszahlen. ||

Den Rest der Ritter-Subvention von 10.000 Mk, der noch in der Haupt-Reichsbank in Berlin liegt, wollen wir Anfang 1902 auf G. Fischer (der dann sein Giroconto auf der hier eröffneten Filiale der ersteren beginnt) einfach überschreiben lassen.

Fischer äußerte sich übrigens über das Ganze sehr coulant und versprach, alle Schwierigkeiten – auch mit unserer Med. Nat. Ges. – schließlich arrangieren zu wollen. Nur bittet er, die Zahl und kostspielige Ausstattung der Tafeln möglichst einschränken zu wollen. ||

Was sagen Sie zu der neuen „Extremitäten-Theorie“ von Rabl? Zu solchen unglaublichen Thorheiten führt (– auch bei O. Hertwig –) die einseitige Verbohrung in die Embryologie, bei der die Palaeontologie u. Vergleich. Anatomie bei Seite geschoben wird. Die Unverschämtheiten von R. gegen Gegenbaur haben mich empört! Hoffentlich bleiben Fürbringer und Braus die Antwort nicht schuldig.

– Vielleicht ist es gut, wenn Sie diesen Brief an Pr. Fürbringer schicken.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

E. Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
25.11.1901
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32677
ID
32677