Ernst Haeckel an Max Fürbringer, Potsdam, 10. April 1894
Potsdam, 10. April 1894.
Lieber Freund!
Beifolgend sende ich Dir den gewünschten Text meiner beiden Tischreden vom 17. Februar (im Baeren f1–f5, im Theater c1–c4). Die stenograph. Notizen waren so unvollständig und theilweise unrichtig, dass ich – an ihrer Hand – es besser fand, den ganzen Text neu zu schreiben. Dagegen habe ich an der I. Rede (im Institut) Nichts zu ändern gefunden; sie kann so gedruckt werden, wie sie in Nr. 44 der Jena. Zeitung steht. Nochmals bitte ich Dich und die andern Mitglieder des Comité, mit der Redaction der Festschrift nicht zu viel kostbare Zeit zu verlieren! Auch weitere Ausführung scheint mir nicht wünschenswerth. Das Beste vom Ganzen bleiben ja Deine Reden, und die der anderen Festredner, wie sie in Nr. 42 und 43 der Jena. Zeitung stehen.
Das Verzeichnis meiner „Opera omnia“ werde ich Dir gleich nach meiner Rückkehr, am nächsten Montag oder Dienstag anfertigen und zusenden. –
Die Hochzeit meines Neffen ist gestern sehr vergnügt verlaufen. Sein Bruder Heinrich hielt dabei eine grossartige, vom Geiste der „Schweizer Höhe“ durchwehte Tischrede, die seinem Lehrer und Meister, dem Professor eloquentiae monistiae, Biedermann, alle Ehre gemacht haben würde. Wie vergnügt es zuging, kannst Du daraus entnehmen, dass ich gegen Ende der Tafel einer neuen „Nichte“, einer reizenden kleinen Elsässerin, in optima forma einen regelrechten Kuss applicirte! (– Was ich nicht zu verrathen bitte! – ). –
Das Wetter ist wunderbar schön, ganz Maiartig, und die italien. Umgebung meiner lieben Vaterstadt praesentirt sich im zartesten Frühlingsschimmer! – ||
Morgen gehe ich auf 4 Tage nach Berlin zu meiner alten Tante, Fräulein Bertha Sethe, (Friedrich-Wilhelm-Str. Nr. 3). –
Mit herzlichsten Grüssen an Deine liebe Frau und die Freunde
Dein treuer alter
E. Haeckel.