Haacke, Wilhelm

Wilhelm Haacke an Ernst Haeckel, Kiel, 18. Januar 1880

Kiel, d. 18. Januar 1880

Geehrter Herr Professor!

Ihren geehrten Auftrag werde ich in den nächsten Tagen nach besten Kräften zu erfüllen suchen. Heute habe ich selbst ein Anliegen auf dem Herzen: Ich möchte in einer mich betreffenden Frage mir Ihren Rath erbitten, durch dessen baldige Ertheilung Sie mich sehr zu Danke verpflichten würden.

Ich kann nämlich zu Ostern eine Stelle für mathematischen Unterricht an der Realschule I. O. zu Bonn bekommen. Nun habe ich grosse Lust, mich um diese Stelle zu bewerben, einmal, weil mir der Aufenthalt in einer Universitätsstadt wegen der wissenschaftlichen Hülfsmittel an und für sich sehr erwünscht ist, und dann, weil ich mich demnächst als Lehrer an a einer Schule in einer Universitätsstadt zugleich als Privatdozent für Zoologie habilitieren möchte. Deshalb möchte ich Sie um Auskunft darüber erbitten, ob Bonn ein geeigneter Ort für die Habilitation eines jungen Zoologen meiner Richtung ist. In Bonn ist ein Dr. Bertkau Privatdozent für Zoologie, || sein Name ist mir bis jetzt nur in den Personalnotizen des Zoologischen Anzeigers aufgestossen; wissen Sie vielleicht, über was und wie er arbeitet?

Sollten auch wohl Traschel, oder auch Michelis oder Jürgen Bona Meyer, welcher letztere übrigens der Schwager von Prof. Möbius ist, meine Habilitation verhindern können?

Diese Frage unentschieden gelassen, bleibt Bonn ein, wie ich glaube, in vieler Beziehung ein empfehlenswerther Ort. Sie hatten ja früher auch einmal einen Ruf dorthin.

Mein Staatsexamen mache ich schon am 6. März in Göttingen. Bekomme ich die Stelle in Bonn nicht, so bleibe ich noch im nächsten Sommer in Kiel; ich fühle mich sehr wohl hier und würde gern nach ein genussreiches Semesters an dessen Ende Mein Examen lauert, hier verbringen, wenn ich nicht fürchtete, dass sich eine so günstige Gelegenheit, meine sehnlichsten Wünsche zu befriedigen, nicht so bald wieder darbieten wird; denn das Zahlen-Verhältnis der Universitätsstädte zu den Städten, die überhaupt höhere Schulen besitzen, ist dort immer || ein sehr ungleiches, und ich bin darauf angewiesen, möglichst bald für meine Subsistenz ausschliesslich selbst zu sorgen.

Durch baldige Ertheilung Ihres für mich sehr wertvollen Rathes würden Sie, wenn das überhaupt noch möglich wäre, das Dankbarkeitsgefühl noch vermehren, welches für Sie hegt

Ihr Schüler

W. Haacke.

a gestr.: der

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
18.01.1880
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30579
ID
30579