Krauseneck, Gustav Adolf

Gustav Adolf Krauseneck an Ernst Haeckel, Triest, 13. Mai 1914

Triest, 13. Mai 1914

Hochverehrtester Freund!

Ihr reitzend schöner, herzlicher Brief, Ihre Sendung, Ihre so beglückend günstig lautenden Nachrichten haben bei uns die größte Freude hervorgerufen. Wenn ich nicht durch Ihren lieben Sohn, den uns der leider so kurze mündliche Verkehr und im Anschluß daran mehrfacher Briefwechsel zu einem teuren Freund gemacht, von Ihren Schicksalen seit dem Februar unterrichtet gewesen wäre, hätte ich wohl die Bescheidenheit bei Seite gelegt & um eine Nachricht gebeten, wenn ich Sie mir auch überbeschäftigt dachte mit der Erledigung des reichen Jubiläumseinlaufs freilich, daß er die Zahl 1600 überschreiten könnte, daran dachte auch der intensivste || Haeckelverehrer nicht! Nun aber, bitte ich Sie als solcher sich mit der großen Arbeit nicht gar zu viel zuzumuten & weiter bitte ich Sie, Sie im Geiste umarmen & Ihre liebe, gute Hand küssen zu dürfen, als Dank für die uns in so bewegten Tagen geschenkte Mühe!

Es war mir eine ganz unerwartete Freude & Ehre in den Kreis derer mich stellen zu dürfen, die Ihnen in den 2 stattlichen Bänden vor der großen Öffentlichkeit Worte der Liebe & des Dankes sagen & ich danke Ihnen von ganzem Herzen für die freundliche Aufnahme meiner Erinnerung an die schönen Stunden & Tage, die Casa Krauseneck Ihnen verdankte. Doch muß ich noch mehr sagen: Ihre Gott-Natur Studie ist mir von größtem Wert, als Succus der 2 Werke, die ich immer wieder zur Hand || nehme, als Fundgrube reichsten Wissens und in die Zukunftschauens auch für den, der Alles darin nicht unterschreiben & vertreten möchte. Dann aber – damit hätte ich eigentlich beginnen sollen – mein Glückwunsch zum Adel darf ich dann doch nicht unterlassen. Und da er wohl mehr den hohen Herrn, der ihn verlieh, ehrt, als den Bedachten, so mögen sie ihn dahin giriren. Bei uns zu Land wäre dem Verfasser der Welträtsel diese Distinction nicht zu teil geworden – ein Grund mehr, sich auch nachträglich zu freuen, daß Sie seinerzeit den Lockungen Wien’s widerstanden. Wie’s da heute aussieht, namentlich auf seiner zweitältesten Deutschen Universität zugeht, das wird einmal ein intressantes Kapital bilden in der heutigen History of the decline and fall of the Austrian Empire. Der Autor || könnte füglich schon auf Erden wallen. – Ferner unsern Glückwunsch zum Enkel Horst von Haeckel. Wenn Nomen omen ist, kann er ein ganzer Kerl werden!

Und endlich muß ich Ihnen sagen, daß mich Ihre Aufforderung, in Villa Medusa wieder vorzusprechen, sehr freut, denn es könnte wohl sein, daß wir alle drei erscheinen. Wir planen eine Fahrt nach Norwegen & da kann Jena leicht zu kurzer Station werden.

Valentine schreibt Ihnen selbst. Meine Frau teilt meine Gefühle für Sie vollauf & protzt mit Ihren Bildern. Die Sammlung derselben in dem Werkchen Ihres Sohnes ist ein wahrer Schatz & ein reitzender Gedanke.

Ihrer verehrten Frau Gemahlin unsre innigsten Grüße & Wünsche für andauerndes Wohlergehen & in treuer Verehrung & dankbarer Freundschaft

Ihr Gustav Krauseneck

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
13.05.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27829
ID
27829