Lang, Arnold

Arnold Lang an Ernst Haeckel, Zürich, 6. Oktober 1906

ZOOLOGISCH-VERGL. ANATOMISCHES LABORATORIUM

BEIDER HOCHSCHULEN

ZÜRICH.

den 6ten Oktober 1906

Verehrter und lieber Lehrer und Freund,

haben Sie vielen Dank für Ihr Lebenszeichen, das mir sagt, dass der alte Haeckel in ungeschwächter Kraft fortlebt. Fast gleichzeitig erhielt ich durch Gustav Fischer, der hier vorbeikam, Nachrichten von Ihnen, die, so dürftig sie waren, doch zu unserer Freude zu besagen schienen, dass es Ihnen gesundheitlich wieder gut geht. Sie hatten sich seiner Zeit mit Ihrer Gewaltkur gewiss zu viel zugemuthet. Mir selbst geht es auch wieder ordentlich, nachdem ich eine lange, schlechte Zeit hinter mir || habe. Ich gedachte mich im März, wie gewohnt, von den mancherlei Strapazen des Wintersemesters in Norditalien, wo ich mit meiner Frau Verona, Venedig, Florenz und Genua besuchte, zu erholen, aber meine Hoffnungen wurden enttäuscht. Bald nach meiner Rückkehr befiel mich eine überaus schwere und grauenhaft schmerzhafte Neuralgia brachialis, die nur langsam wich. Meine Vorlesungen musste ich natürlich zunächst ganz einstellen und später, als es wieder einigermaassen ging, bedeutend reduziren. Die Erkrankung scheint auf Ueberar- || beitung zurückzuführen zu sein. Die Herbstferien habe ich zu Hause zugebracht und abwechselnd wieder am Lehrbuch, an den Vererbungsexperimenten und unserer grossen Hochschulbaufrage gearbeitet, mich aber daneben ordentlich gepflegt und geschont, viele Spaziergänge in der herrlichen näheren und weiteren Umgebung ausgeführt etca. Meiner Familie geht es ganz ordentlich. Marietta ist in die Handelsschule eingetreten. Lili ist jetzt in der obersten Maturandenklasse und bereitet für das Frühjahr die Maturität vor. Nachher soll sie ausspannen und sich an prosaischen Dingen des täglichen Lebens erproben und auch erholen. ||

Die ganze Bande, besonders aber das Pathenkind, lässt herzlichst grüssen und fragen, wann wir wieder einmal die Ehre und Freude Ihres Besuches erleben werden.

Darf ich Sie bitten, meine übrigen Jenenserfreunde – besonders die vom Referirabend – bestens zu grüssen. Ich habe schon eine Weile keine direkten Nachrichten mehr von ihnen. Auch Geh. Rath Pohle, dem es hoffentlich gut geht, lasse ich grüssen. Die besten Grüsse und Wünsche aber von mir und meiner Familie bitte ich Sie für sich und Ihre verehrte Frau Gemahlin zurückzubehalten.

In alter Verehrung

Ihr ergebener

Arnold Lang

a eingef. mit Einfügungszeichen: etc

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
06.10.1906
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27127
ID
27127