Metze, Erich A.

Erich Metze an Ernst Haeckel, [o. O.], 24. Juli 1911

24./ Juli 11.

Hochzuverehrender Herr Geheimrat!

Für Ew. Exzellenz liebenswürdige Zeilen sage ich Ihnen meinen verbindlichen Dank. Es freut mich, daß Ew. Exzellenz meinem „scharfen Urteile“ über den Deutschen Monisten Bund beistimmen, andererseits muß ich es aber bedauern, daß Sie Ihre theoretischen Ueberzeugungen nicht in die Praxis umsetzen wollen. Ich kann nur im Interesse der monistischen Bewegung wiederholen, was ich Ihnen schon früher schrieb. Vom Monisten Bund ist nichts mehr zu erhoffen, er ist „wie das Hirn eines Paralytikers“ (vgl. meinen letzten Brief) „wurmzerfressen“ wie es bei Ibsen heißt. Auch Herr Prof. Ostwald dürfte nie a trotz aller vorzüglichen Eigenschaften, mit || der Reform des Deutschen Monisten Bundes zustande kommen, denn die Vielhaber und Co. sind viel zu mächtig, als daß sie sich da Vorschriften machen lassen. Eher geht Ostwald als Vielhaber und Horneffer. Die Zukunft wird zeigen, daß ich recht habe. Ew. Exzellenz sprechen von einer „Disharmonie“, die in einer aus gebildeten Menschen bestehenden Vereinigung besonders oft zutage treten müßteb. Ich gebe das gern zu, muß aber bemerken, daß zwischen dem metaphysischen und dem naturalistischen Monismus kein Einverständnis herrschen kann. Ebensowenig wie vor 75 Jahren zwischen Humboldt und Hegel. Ferner ist zu betonen, daß im Deutschen Monisten Bund, || dem von Naturforschern gegründeten Freidenkerverein, die naturalistische Richtung immer mehr und mehr an die Wand gedrückt und schließlich einmal erdrückt wird. Das ist ein unnennbarer Schaden für die monistische Bewegung. Und in Voraussicht dieser Dinge haben wir uns abgezweigt und einen neuen Bund gegründet, der nicht umsonst den Namen des Mannes führt, der alle Metaphysik verspottete und sich an die gegebene Natur hielt. Wenn Hr. Dr. Breitenbach aus dem Deutschen Monisten Bund ausgeschieden ist, so geschah das nur, weil ihm daselbst die Arbeit unmöglich gemacht wurde. Hr. Dr. Breitenbach müßte keinen Funken Ehrgefühl besitzen, wenn er sich die Be-|| handlung gewisser Leute hätte gefallen lassen. Ich bin lang genug im Monisten Bund tätig gewesen, um mir einen vorurteilsfreien Einblick in die unheilbar verfahrenen Verhältnisse dieser Vereinigung zu c verschaffen, und kann Hrn. Dr. Breitenbach nur recht geben. Dabei wird noch jetzt von manchen Vorstandsmitgliedern über Hrn. Breitenbach in einer Weise gesprochen, die geradezu unanständig ist. Wenn Ew. Exzellenz glauben, daß wir gewissermaßend aus Lust gegen den Deutschen Monisten Bund polemisieren, so ist das ein Irrtum. Wir wollen nur eine reinliche Scheidung zwischen Monisten und Auchmonisten, und damit glauben wir der monistischen Gesamtbewegung zu dienen. Mit vorzügl. Hochachtung Ew. Exzellenz ganz ergebener

Erich A. Metze

24./ Juli 11.

a eingef.: nie; b korr. aus: müßten; c gestr.: gestatten; d korr. aus: gewißermaßen

 

Briefdaten

Verfasser
Empfänger
Datierung
24.07.1911
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 25295
ID
25295